Magazin Kino
Mittwoch, 27.5.2009 20.00 Uhr
Fiefstücken 8a, 22299 Hamburg-Winterhude
Eintritt: 8 – 12 Euro
Anne Michaels liest aus ihrem neuen Roman Wintergewölbe, der im Berlin Verlag erschienen ist, Gabriele von Arnim moderiert und Katja Riemann liest den deutschen Text.
In den einsamen Nächten zieht Jean durch die Straßen von Toronto und pflanzt wilden Sauerampfer in die Ritzen zwischen Straße und Bordstein. Mit jedem Pflänzchen, das sie setzt, versucht sie, auch ein Stück ihres Schmerzes zu vergraben, denn ihr Mann Avery und sie gehen längst schon getrennte Wege: „Wenn man etwas in die Erinnerungen eines Menschen einpflanzt, weiß man nie, wozu es sich auswächst.” Kennen gelernt haben sich die kanadische Botanikerin und der britische Ingenieur bei der Begradigung des St.-Lawrence-Stroms, die Fortschritt ins kanadische Hinterland brachte, aber auch Ortschaften und Häuser verschlang und den Menschen die Heimat raubte. Jean und Avery gehen nach Ägypten, wo der Tempel Abu Simbel versetzt werden soll, um dem Assuan-Staudamm Platz zu machen. Jean, die alles liebt, was wächst, und Avery, der durch Zerstörung bewahren soll, driften zunehmend auseinander, können sie sich angesichts der immensen Gewalt, die der Mensch über die Natur ausübt, doch nur in die Zweisamkeit flüchten. Jede Nacht erinnern sie sich an die Toten und die Lebendigen und beschwören die Vergangenheit, während ihre Zukunft auseinanderbröselt.
Technik und Natur, Fortschritt und Tradition, Hoffnung und Verzweiflung, das sind die Pole, zwischen denen der neue Roman Wintergewölbe der kanadischen Autorin Anne Michaels oszilliert. Zwölf Jahre nach dem Welterfolg ihres Erstlings Fluchtstücke schickt die Lyrikerin und Komponistin ihre Leser wieder auf eine Erinnerungsreise nach Kanada, Ägypten, England und Polen. In Wintergewölbe erzählt die „Archäologin der Sinne”, so nennt sie die taz, mit großer Zärtlichkeit und lyrischer Sprachmacht vom Verlust, dem Verschwinden ganzer Landschaften, dem Zerbrechen der Gefühle und von der heilenden Kraft der Liebe. „Die Worte sind Positionslichter, und wir, die Leser, füllen den Raum dazwischen mit unserer Trauer, unserer Einsamkeit”, schreibt die Süddeutsche Zeitung.
(JK 05/09)
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