Per Olov Enquist zu Gast im Rolf-Liebermann-Studio des NDR

Rolf-Liebermann-Studio des NDR

Dienstag, 12.5.2009 20.00 Uhr

Oberstraße 120, 20147 Hamburg

Eintritt: 10 – 14 Euro

Per Olov Enquist stellt sein neues Buch Ein anderes Leben vor, das im Hanser Verlag erschienen ist, Helmut Mooshammer liest den deutschen Text und
Wolfgang Butt moderiert.

Wie schreibt man über sich selbst? Wie umgeht man die Fallstricke autobiografischen Schreibens? Wie vermeidet man Selbststilisierung oder Selbstmitleid? Ein eindrückliches, bewegendes Zeugnis davon gibt der schwedische Romancier Per Olov Enquist mit seinem neuen Buch. Der 1934 geborene Enquist, hierzulande vor allem durch seinen Roman Der Besuch des Leibarztes bekannt geworden, blickt fraglos auf persönliches Erleben zurück und meidet doch tunlichst – sowohl im Untertitel als auch in Interviews – die Genrezuweisung „Autobiografie”.

Drei Teile umfasst Ein anderes Leben, drei Lebensphasen, die auf sehr unterschiedliche Weise das (Selbst-)Bild Per Olov Enquists prägen. Er wächst in einem nordschwedischen Dorf auf, ohne Vater, nachdem dieser starb, als der Junge gerade mal ein halbes Jahr alt war, und unter der Obhut seiner Mutter, einer Dorfschullehrerin, die ganz im religiösen Eifer aufgeht. Mit präzisem Blick für unscheinbare Details und für die enge Welt des dörflichen Kosmos zeichnet Enquist das Bild eines Kindes, das scheu auftritt und sich so weniger Verfehlungen schuldig macht, dass es nicht weiß, was es am Samstag beichten soll. Und es ist ein Kind, das sich einzureden sucht, den toten Vater nicht zu vermissen. Aus dem zurückhaltenden Kind, das besessen Karten von seinem Heimatdorf zeichnet und dieses dabei geografisch gewissermaßen ergänzt, wird ein erfolgreicher Leichtathlet und ein Journalist, der in der Welt herumkommt und schließlich in den 1960er Jahren erste Romane veröffentlicht. Was im zweiten Teil des Buches derart als Geschichte eines Gelingens ausgebreitet wird, dreht sich mit einem Mal, und die entscheidende Frage stellt sich: „Wenn alles so gut ging, wie konnte es dann so schlecht werden?” „Im Dunkel” heißt der abschließende Teil dieses ästhetisch wie emotional beeindruckenden Buches, und er zeigt einen Mann, der dem Alkohol verfällt, sich das Leben nehmen will und dem es dennoch gelingt, sich 1990 von seiner Sucht zu befreien und seine Wiedergeburt als Schriftsteller zu begehen. Ein Glück für ihn und für seine Leser.

Ein anderes Leben von Per Olov Enquist ist im Hanser Verlag erschienen.
(JK 05/09)

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