Jean-Michel Guenassia: Der Club der unverbesserlichen Optimisten (Insel)

Jedes Jahr wählen 1500 Oberschüler aus ganz Frankreich aus der Longlist des Prix Goncourt ein Buch aus, dessen Autor sie den „Prix Goncourt des lycéens“ verleihen. 2009 erhielt ihn Jean-Michel Guenassia für seinen Roman Der Club der unverbesserlichen Optimisten, der nun auf Deutsch im Insel Verlag erschienen ist.

Mit dem Club hat Guenassia den „Roman einer Generation“, die „melancholische Chronik einer Adoleszenz“ geschrieben. 1959, als Michel in Paris seinen zwölften Geburtstag feiert, stößt er im Hinterzimmer eines Bistros auf den „Club der unverbesserlichen Optimisten“. Die folgenden fünf Jahre, bis zum Schulabschluss, wird ihn diese Versammlung von Männern beschäftigen, die trotz allem Optimisten geblieben sind: Emigranten aus dem Ostblock, enttäuschte und verfolgte Kommunisten, Juden, Querköpfe, Intellektuelle, Schachspieler. Deren dramatische Lebensgeschichten begleiten, kontrapunktieren, verdunkeln und erhellen Michels Aufwachsen. Es ist die Zeit des Kalten Kriegs. In Algerien werden die Unabhängigkeitsbestrebungen bekriegt; der Rock ’n’ Roll erobert die Jugend. Sascha, spät zum Club dazu gestoßen, wird ausgeschlossen. Er hilft Michel bei seinen Anfängen als Fotograf. Eine alte Geschichte wird diesem Sascha zur Last gelegt. Dabei hat er sich, damals in der Sowjetunion, korrekt verhalten – was sich jedoch erst nach seinem Selbstmord 1964 herausstellt. Im selben Jahr wird der Club geschlossen. Michels Liebe wandert mit ihrer Familie nach Israel aus. Michel Marini muss sich neu orientieren.

Das Buch beginnt mit der Beerdigung des Philosophen Jean Paul Sartre im Jahre 1980, was zum Anlass genommen wird, in die Zeit von 1959 bis 1964 zurückzugehen. Es ist eine Zeit des Umbruchs, der platzenden Illusionen. Jean-Michel Guenassia beschreibt eindringlich den Spagat der Intellektuellen jener Zeit. Ungarnaufstand, Mauerbau, Chruschtschows Sturz und vor allen Dingen der für Frankreich traumatische Algerienkrieg bilden das Gerüst. Im Kern ist das Buch jedoch ein Entwicklungsroman. Es beleuchtet die Etappen des Michel auf dem Weg zum Erwachsenwerden: der Schulabschluss, die Einführung in den Club, das Knüpfen von Freundschaften, die sein späteres Leben prägen werden, die erste Liebe. Spannend sind die Einblicke in die Schicksale der Emigranten, die den Club bevölkern, die allesamt Opfer der Politik geworden sind, für die sie sich engagiert haben. Der Autor baut auch ein interessantes Spannungsverhältnis in der Familie Michels auf: vom im Algerienkrieg desertierten Bruder, der als er unter Mordanklage gerät, vom Vater außer Landes gebracht wird bis zum Zerbrechen der Ehe der Eltern. Das Einbringen des Privaten in das Politische und die schließliche Durchdringung sind die Stärken des Romans. Es gibt kein Happy End am Ende des Buches, doch in der Melancholie bleibt der Optimismus am Leben.

Jean-Michel Guenassia, geboren 1950 in Algier, lebt in Paris. Er war einige Jahre Anwalt und schreibt heute für Fernsehen und Theater. Die Veröffentlichung des Romans Der Club der unverbesserlichen Optimisten, sein spätes Debüt als Romancier, erregte in Frankreich großes Aufsehen.

Der Club der unverbesserlichen Optimisten von Jean-Michel Guenassia ist im Insel Verlag erschienen.
(JK 07/11)

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