Einen bis heute ungeklärten Kriminalfall in Oslo aus
dem Jahr 1934 haben die beiden norwegischen Autoren Terje Emberland und Bernt
Rougthvedt in ihrem Buch Der Spinnenmann, erschienen im Osburg
Verlag, verarbeitet. Bei dem Spinnenmann handelt es sich um keinen Geringeren
als den späteren Chef der Gestapo Reinhard Heydrich.
Im Rotlichtviertel von Oslo begegnet der junge
Kriminalreporter Erik Erfjord 1934 zum ersten Mal jenem unheimlichen Deutschen,
den er „Spinnenmann“ nennt. Sein ehemaliger Schulfreund, Nachwuchsschauspieler
bei der UFA, behauptet, es handele sich um einen Regisseur, der Knut Hamsuns
Roman Hunger verfilmen wolle. Anderen
präsentiert sich der Mann als Hans von Manteuffel, Kunstsammler. Doch was will
SS-Standartenführer Reinhard Heydrich wirklich in Norwegen?
Oslo ist eine Stadt im Umbruch: alte Vergnügungsviertel
weichen moderner Bebauung, in den Tanzlokalen spielt man Jazz, ehemalige
Schmugglerbanden suchen sich zusammen mit windigen Geschäftsleuten neue
Betätigungsfelder, es kommt zu einer brutalen Exekution nach dem Muster der
Gangster von Chicago. Die Polizei tappt im Dunkeln. Erik Erfjord glaubt nicht,
dass der „Spinnenmann“ stets nur zufällig in der Nähe der Tatorte auftaucht.
Reinhard Heydrich, der spätere Chef des Reichssicherheitshauptamts, weilt in
geheimer Mission in Norwegen. Verfolgt er private oder politische Ziele?
Erfjord bringt sich und seine Geliebte in große Gefahr, als er den ersten
Grundsatz eines Kriminalreporters verletzt – nämlich nicht selbst zu
recherchieren.
Was viel Stoff für einen spannenden Thriller hätte,
kommt leider nur als laues Lüftchen daher. Irgendwie will die Handlung nicht
zünden, zu unbeholfen ist manchmal der Erzählstil, zu unklar wie 1934 die Rolle
Heydrichs in die Handlung passt. Interessant ist jedoch die Atmosphäre
Oslos in den Dreißiger Jahren, das man so bisher nicht kannte. Hier haben die
beiden Autoren als Historiker brilliert und die Stadt Oslo wird vor den Augen
des Lesers lebendig. Wäre da nur nicht das Label „Kriminalroman“ auf dem
Buchdeckel…
Terje Emberland geboren 1956, ist Historiker.
Gemeinsam mit Bernt Rougthvedt hat er die Biografie Det ariske idol über den norwegischen Nationalsozialisten und
Schriftsteller Per Imerslund verfasst. Der
Spinnenmann ist sein erster Roman. Ko-Autor Bernt Rougthvedt ist ebenfalls
Historiker und wurde 1956 geboren.
Der Spinnenmann von Terje Emberland und Bernt Rougthvedt ist bei Osburg erschienen.
(JK 11/11)
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