T.C.
Boyle schreibt in seinem 15. Roman, der Hart auf Hart heisst und bei
Hanser erschienen ist, über Befindlichkeiten der amerikanischen Gesellschaft.
Er übernimmt die Paranoia der rechtsextremen Bürgerbewegung und der in selbst
gewählter Isolierung sich in die Natur zurückziehende Amerikaner und mischt
diese mit Vorstellungen von
Unabhängigkeit aus dem amerikanischen Mainstream. Es ist eine Erkundung der
dunklen Seite der USA, zwischen absolutem Freiheitsanspruch und Verfolgungswahn.
Adam,
den seine Eltern nach etlichen Schulverweisen und Therapiesitzungen aufgegeben
haben, ist eine wandelnde Zeitbombe: In der Wildnis, wo er ein Schlafmohnfeld
angelegt hat, führt er ein Einsiedlerleben und hortet Waffen gegen imaginäre
Feinde. Aber es gibt jemanden, der sich in ihn verliebt. Sara hat ebenfalls
ausreichend Feindbilder: Spießertum, Globalisierung, Verschwörer und die
Staatsgewalt. Als sie Adam am Straßenrand aufgabelt, beginnt eine
leidenschaftliche Liaison. Doch bald merkt Sara, dass Adam es ernst meint mit
den Feinden, sehr ernst.
T.C.
Boyle hat eine überzeugende, komplexe und intime Geschichte von drei bestimmten
Personen in einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit geschrieben, ein
Roman, der etwas irritierend über bestimmte Bereiche des amerikanischen Hier
und Jetzt erzählt. Hart auf Hart gibt sich brutal unsentimental in der giftigen
Kombination von Wut, Entfremdung und Gewalt. Alle Charaktere
sind praktisch unfähig sich gegenseitig zu verstehen und
leiden an der uramerikanischen Identitätsbildung, dass niemand ungefragt den
privaten Radius verletzt. Doch essentiell ist hier die Frage, was als privater
Radius gelten kann? Boyle zeigt dies auf, sei es anhand von Witzen über den
Fürsorgestaat oder der Frage, wem eigentlich wirklich das Land gehört bis hin
zum eigentlichen Sinn von Gesellschaft und der Verantwortung für jeden
einzelnen, die die Freiheit mit sich bringt.
Thomas
Coraghessan Boyle, 1948 in Peekskill, N.Y. geboren, wuchs in schwierigen
Verhältnissen auf, da beide Elternteile Alkoholiker waren. Den
High-School-Abschluss schaffte er nur knapp. Er handelte sich in den letzten
Jahren auf der High-School den Ruf als Herumtreiber und Schulversager ein. Am
College entdeckte er die Literatur und eine Vorliebe für Autoren wie Updike,
Ibsen, Sartre und Camus. Außerdem begann er, selbst zu schreiben, und nahm an
Kursen für Creative Writing teil. An der University of Iowa besuchte er den
Writers Workshop unter der Leitung von John Irving, der zu seinem Mentor wurde.
Hart auf Hart von T.C. Boyle ist bei Hanser erschienen.
(JK 06/15)
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