Friedrich Ani liest in der St. Katharinen Kirche am Freitag, 23. September

8. Harbour Front Literaturfestival
St. Katharinen Kirche
Freitag  23.09.2016   20.00 Uhr 
Katharinenkirchhof 1,  20457 Hamburg
Eintritt: 14  Euro 

Der Kriminalroman zwingt zum Hinsehen in die Gegenwart: Friedrich Ani im Gespräch mit Tobias Gohlis. Friedrich Anis Werk, bestehend aus Romanen, Drehbüchern und Hörspielen, wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet. Sein neuester Roman Nackter Mann, der brennt, der bei Suhrkamp erschienen ist, ist erneut preisverdächtig.

Im Alter von vierzehn Jahren flieht ein Junge aus dem süddeutschen Dorf Heiligsheim. Vierzig Jahre später kehrt er als Ludwig „Luggi“ Dragomir zurück: Alkohol, Drogen und alle gegen sich und die anderen ausgefochtenen Kriege in Berlin verhinderten nicht das ständige Wiederleben des Missbrauchs seiner Spielkameraden und seiner selbst durch die Honoratioren von Heiligsheim. Die Schuldgefühle, diese Jungen nicht beschützt zu haben, treiben ihn an: „Je mehr Zeit ich im Dorf verbrachte, desto mehr Kinder kamen zurück und scharten sich in meinem Kopf ums schwarze Brot der Erinnerung.“ 

Seit seiner Anwesenheit  verschwinden gleich mehrere ältere Herren, einige werden tot aufgefunden – ob durch Unfall oder Mord, das versucht Kommissarin Anna Darko herauszufinden. Dabei gerät auch Ludwig ins Visier, da er ein Verhältnis hat mit der Ehefrau eines der Vermissten, den er als Gefangenen im eigenen Haus malträtiert. Denn in Ludwig Dragomir hatte Wut die Oberhand erlangt, und nun „durfte sie brennen“: „Da stand ich, am Rand der Nacht, zum Morden geboren, zum Sterben bereit und starb nicht und mordete noch lang nicht genug.“

Wie aus Opfern Täter werden, in welcher Weise dieser unaufhaltsame, alle Grenzen der Grausamkeit sprengende Prozess abläuft – dies erzählt Friedrich Ani, der Meister des Noir, einfühlsam, überraschend und bis ins kleinste Detail und auf eine Weise, die ihresgleichen nicht hat.  „Der Kriminalroman zwingt zum Hinschauen in der Gegenwart“, sagt Friedrich Ani, „das Drama des in seinem Lebenszimmer gefangenen Menschen gelingt mir mit dem Krimi am besten, ohne dass es mir auf Mord und Totschlag und spektakuläre Plots ankäme. In meinen Krimis bestimmen die Langsamkeit und das Schweigen den Handlungsablauf, wobei ein gewisses Maß an genreüblicher Spannung unerlässlich bleiben muss. Darüber hinaus lassen sich im Genre Krimi immer wieder neue Türen öffnen. So beschäftige ich mich fast ausschließlich mit Verschwundenen und Vermissten und der Suche nach ihnen." 

Friedrich Ani, geboren 1959, lebt in München. Er schreibt Romane, Gedichte, Jugendbücher, Hörspiele, Theaterstücke und Drehbücher. Sein Werk wurde mehrfach übersetzt und vielfach prämiert, u.a. mit dem Adolf-Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis. Seine Romane um den Vermisstenfahnder Tabor Süden machten ihn zu einem der bekanntesten deutschsprachigen Kriminalschriftsteller. Friedrich Ani ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und des Internationalen PEN-Clubs. Sein Roman Der namenlose Tag wurde 2015 mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet.

Nackter Mann, der brennt  von Friedrich Ani ist bei Suhrkamp erschienen.
(JK 09/16)

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