Kunstsalon e.V. und Dr. Julie und Arndt Klippgen im Privathaus
Sonntag, 24.06.2017
19.30 Uhr
Jenischstr. 11, Hamburg
Eintritt: 15 / 22 Euro
Literatur in den Häusern der Stadt:
Der Schauspieler David Gravenhorst liest aus dem bei Galiani erschienenen Roman
Das hündische Herz von Michail
Bulgakow. Alexander Nitzberg, der den Roman aus dem Russischen übersetzt hat,
kommentiert.
Der „russische
Faust“ – Michail Bulgakows zweites Meisterwerk endlich neu übersetzt und ab
jetzt wieder in Einzelausgabe erhältlich. Es gibt Geschichten, deren
Sprengkraft ist einfach zu groß. Michail Bulgakows Novelle Das hündische Herz entstand schon 1925, aber sie konnte erst 1968
gedruckt werden – und auch damals nicht in Bulgakows Heimatland, sondern in
einer russischen Exilzeitschrift in Deutschland. Warum? Ein genialer Chirurg
nimmt einen Straßenköter bei sich zu Hause auf und schafft aus ihm den „neuen
Menschen“ – er pflanzt ihm Hirnanhangsdrüse und Hoden eines schmierigen
Kleinkriminellen ein. Der zum kommunistischen Genossen mutierte Tiermensch
erweist sich aber bald nicht nur als echter Widerling: gewissen- und
verantwortungslos wie er ist, wird er zur Gefahr für alle. Er bleibt Tier,
freilich in Menschengestalt, und erst die gewaltsame Rückoperation kann die
Gesellschaft retten. Ein Text, böse und bissig wie kaum ein zweiter, schillernd
vieldeutig und grandios geschrieben.
Dergleichen
wollte man in einem Land, in dem man den „Neuen Menschen“ propagierte und das
Volk zur Macht erklärte, nicht zulassen. Bis heute wird der vielschichtige
Meistertext als Parabel auf russische Verhältnisse gelesen – doch freilich ist
er noch mehr: Wie Goethes Faust oder Mary Shelleys Frankenstein ist Bulgakows
Novelle eine zeitlose Parabel auf die Widersprüche und Verwerfungen der
conditio humana.
Michail Bulgakow (1891–1940) wurde erst lange nach seinem Tod berühmt.
Seine wichtigsten Werke durften zu Lebzeiten nicht erscheinen. Der
Weltklassiker Meister und Margarita,
an dem er die letzten zwölf Jahre vor seinem Tod geschrieben hatte, erschien,
zudem in zensierter Fassung, in der UDSSR erst 1968. Das hündische Herz hatte Bulgakow schon deutlich früher
fertiggestellt, nämlich 1925. Das Urteil des einflussreichen Parteimitglieds
Lew Kamenew dazu: „Es handelt sich um eine ätzende Attacke auf unsere gegenwärtigen
Verhältnisse und kommt auf keinen Fall für eine Veröffentlichung in Betracht.“
In der Sowjetunion erschien der Text erstmalig im Jahr 1987 (!).
Das hündische Herz von Michail Bulgakow ist bei Galiani erschienen.
(JK 06/17)
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