Édouard Louis: Im Herzen der Gewalt (S. Fischer)

Frankreich – Ehrengast 2017 der Frankfurter Buchmesse

In seinem autobiographischen Roman Im Herzen der Gewalt rekonstruiert der französische Bestsellerautor Édouard Louis die Geschehnisse einer dramatischen Nacht, die sein Leben für immer verändert.

Auf der Pariser Place de la République begegnet Édouard in einer Dezembernacht einem jungen Mann. Eigentlich will er nach Hause, aber sie kommen ins Gespräch. Es ist schnell klar, es ist eine spontane Begegnung, Édouard nimmt ihn, Reda, einen Immigrantensohn mit Wurzeln in Algerien, mit in seine kleine Wohnung. Sie reden, sie lachen, aber was als zarter Flirt beginnt, schlägt um in eine Nacht, an deren Ende Reda Édouard mit einer Waffe bedrohen wird.

Édouard Louis fährt in seinem zweiten Roman fort, sich mit Klarheit, ohne Zugeständnisse und ohne Filter selbst zu erforschen. Er beobachtet sich und lässt den Leser ebenso Einblick nehmen. Er stellt sich in Frage und lässt den Leser ihn hinterfragen. Dabei ist er äusserst sensibel, er berührt. Man beginnt, seinen Standpunkt zu verstehen, folgt ihm in seinem Denken und seiner Art, auf diesen unerwarteten Gewaltausbruch zu reagieren. Indem er von Kindheit, Begehren, Migration und Rassismus erzählt, macht Louis unsichtbare Formen der Gewalt sichtbar. Ein Roman, der wie schon Das Ende von Eddy mitten ins Herz unserer Gegenwart zielt – politisch, mitreißend, hellwach.  Besonders raffiniert ist es, wie Édouard Louis seine Schwester in die Geschichte mit einbringt, und damit seine eigene Erzählperspektive eintauscht.

Édouard Louis ist 24 Jahre alt. Sein autobiographischer Debütroman Das Ende von Eddy, in dem er von seiner Kindheit und Flucht aus prekärsten Verhältnissen in einem französischen Dorf erzählte, sorgte 2015 für großes Aufsehen. Das Buch wurde zu einem internationalen Bestseller und machte Louis zum literarischen Shootingstar. Sein zweiter Roman Im Herzen der Gewalt erscheint in über 20 Sprachen und wird verfilmt. Édouard Louis lebt in Paris.

Im Herzen der Gewalt von Édouard Louis ist bei S. Fischer erschienen. 
(JK 08/17)

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