Frankreich – Ehrengast 2017 der
Frankfurter Buchmesse
Wie kann man in Haiti
aufwachsen und dennoch kaum eine Ahnung vom Voodoo haben? Das muss sich der
Erzähler fragen lassen, als er sich bei einer Zeremonie blamiert. Schuld daran
ist seine streng protestantische Großmutter, bei der er aufgewachsen ist und
die ihn von solchem „Teufelszeug“ fernzuhalten suchte. Die Neugier des Kindes
stachelt das nur an: Warum vergräbt seine Tante ein Festmahl? Wie vollzieht
sich eine „Rückkehr nach Guinea“? Was steckt hinter der Krankheit und plötzlichen
Heilung seines Onkels? Die Fragen und Ängste des Kindes verschmelzen mit denen
des Erwachsenen, der seine Kindheit Revue passieren lässt.
Ein
amüsanter Roman in Dalemberts anspielungsreicher Sprache voll farbiger
Gestalten und kreolischer Fabulierlust und eine Reise in eine hierzulande kaum
bekannte Kultur. Hinter den spannenden und komischen Situationen scheinen immer
wieder die Themen auf, die Dalembert besonders teuer sind: Das “Zeitenland” der
Kindheit und seine Tabus, die Auseinandersetzung mit den eigenen Wurzeln, das
Vagabundentum. Der Roman wurde mit dem Preis der Casa de la Americas 2008 a ausgezeichnet.
Louis-Philippe
Dalembert, Lyriker, Romanautor, Literaturwissenschaftler und Journalist, wurde
1962 in Port-au-Prince geboren, hat die ersten 25 Jahre seines Lebens in Haiti
verbracht, und durchstreift seither nach eigener Aussage als Vagabund die Welt
(Nord- und Südamerika, Karibik, Afrika, Europa, den Nahen und Mittleren Osten).
Er lebt heute zwischen Paris, Rom und Port-au-Prince. 2010 hielt er sich im
Rahmen des Künstlerprogramms des DAAD in Berlin auf, 2014 in der Villa
Waldberta bei München.
Die Götter reisen in der Nacht von Louis-Philippe Dalembert ist bei
Litradukt erschienen.
(JK 08/17)
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