Michael Aldrian, der
lange bei der Oper als Souffleur gearbeitet hat, reist im Winter nach Venedig,
um seinen dort lebenden Bruder zu besuchen. Der aber scheint mitsamt seiner
Frau spurlos verschwunden zu sein. Aldrian, der eigentlich vorhatte, einen
Reiseführer über Venedig zu schreiben, macht sich in der vom Hochwasser
heimgesuchten Stadt auf die Suche. Aber irgendjemand will ihn offenbar davon
abhalten. Nacheinander erhält er eine Morddrohung, ein Paket mit Falschgeld und
eines, in dem sich eine abgeschnittene Hand befindet. Unaufhaltsam und fast ohne
sein Zutun wird er in eine Geschichte hineingezogen, in der er immer mehr vom
Zuschauer zum Täter wird. Wie in einem Albtraum bewegt er sich durch die Stadt
und erledigt fast nebenbei mehrere Menschen, die sich ihm in den Weg stellen.
Ist er selbst wahnsinnig geworden oder ist es die Welt?
Anstelle des Romanhelden
liefert Gerhard Roth in seinem Roman den Venedig- Reiseführer. Neben üppigen
und ausschweifenden Beschreibungen hat sich Gerhard Roth dieses Mal
entschieden, die Krimihandlung stärker in den Vordergrund zu stellen. Zwar gab
es bei Roths Romanen fast immer eine Krimihandlung, doch war sie stets nur
Vehikel und nicht Dreh- und Angelpunkt des Romans. Hier wagt er sich nun in
neue Gefilde, aber ein Krimi ist sein Roman bei weitem nicht. Dafür gefällt es
Roth zu sehr mit der Sprache detailverliebt zu spielen. Die subtile Handlung
mit den verschiedenen Untertönen wirkt für Krimifans dabei garantiert zu
langatmig. Gerhard Roth sagt selber zu seiner Kulisse in der Lagunenstadt: „Man
hat Venedig oft genug als eine Märchenstadt bezeichnet. Das stimmt nur
insofern, als es nicht nur verklärende, sondern auch grausame Märchen gibt.“
Gerhard Roth, 1942 in
Graz geboren, lebt als freier Schriftsteller in Wien und der Südsteiermark. Er
veröffentlichte zahlreiche Romane, Erzählungen, Essays und Theaterstücke,
darunter den 1991 abgeschlossenen siebenbändigen Zyklus Die Archive des
Schweigens.
Die Irrfahrt des Michael Adrian von Gerhard Roth ist bei S. Fischer erschienen.
(JK 12/17)
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