Warburg
Haus
Freitag, 18.05.2018 19.00 Uhr
Heilwigstr. 116, Hamburg
Eintritt: 8 Euro
Das
Gewicht der Abwesenheit: Alberto Manguel stellt sein neues Buch Die
verborgene Bibliothek vor, das bei S. Fischer erschienen ist.
Für Alberto Manguel sind
Bücher „magische Talismane“, in denen all das geborgen ist, was die Welt
ausmacht. Ihre Wirkung entfalten sie nur, wenn sie gelesen werden, dann aber
beschenken sie uns mit ihrem Wissen und ihrer Poesie und tragen sich
gleichzeitig in unser Leben ein. In den Landschaften der eigenen Biographie
können sie von Freundschaften erzählen, von beglückenden und berauschenden
Momenten, von Arroganz, Einsamkeit, Ernüchterung. Alberto Manguel zieht die „Kunst
des Lesens“ deshalb dem „Handwerk des Schreibens“ vor. Auch davon erzählt er in
seinem neuen Buch Die verborgene Bibliothek. Doch vor allem geht es um
das Gewicht der Abwesenheit, das ihn inmitten seiner ausgeräumten Bibliothek
überkam, am Wendepunk zu einem neuen, ungeplanten Kapitel seines Lebens.
Seine Bücher sind für den
Universalgelehrten Alberto Manguel eine Heimat, die ihm als Ort stets verwehrt
blieb. Der 1948 in Buenos Aires geborene Sohn eines Diplomaten ist kanadischer
Staatsbürger, aufgewachsen in Argentinien, Israel und England, er hat als
Übersetzer, Lektor und Verleger in Paris, Mailand, Tahiti, London und Toronto
gelebt. „Zum Ort, der alle Orte ist“ wird ihm vor einigen Jahren eine
renovierte Scheune aus dem 14. Jahrhundert in einem Dorf im Süden des
Loiretals, wo er die 35.000 Bände seiner Bibliothek unterbringt. Für ihn ist
sie eine Autobiographie in Büchern, in dem tausende Detektivromane ebenso ihren
Platz finden wie Platon, Aristoteles und die Werke von Zola. Zum Ausgangspunkt
einer Grand Tour durch reale und fiktive Bibliotheken wird sie ihm in seinem
Buch Die Bibliothek bei Nacht. In seinem neuen Buch Die verborgene Bibliothek
knüpft er daran an, doch das Leitmotiv des Bandes ist in eine Elegie gefasst,
die vom Gewicht der Abwesenheit erzählt, das ihn inmitten seiner ausgeräumten
Bibliothek überkommt, am Wendepunkt zu einem neuen, ungeplanten Kapitel seines
Lebens.
Es sind „gute Geister“,
die eines Tages anreisen, um beim Ein- und Wegpacken zu helfen. Dennoch bleibt
das Ausräumen der Regale seiner Bibliothek für Alberto Manguel eine „Übung im
Auslöschen“. Trost findet er in Don Quixote, der sich, nach dem Verlust seiner
Bibliothek, seine Bücher einfach in seinem Kopf erschafft – und sich dadurch
als „perfekter Leser“ erweist, weil er seine Bücher verinnerlicht. In zehn „Abschweifungen“
stimmt Alberto Manguel in dem schmalen Band, begleitend zur Elegie, jenen
vielstimmigen Kanon an, den seine Bücher so lesenswert machen. Da geht es um
die Frage, ob Literatur etwas zur Gesellschaft beiträgt und ob Schriftsteller
unter Leidensdruck stehen müssen, damit sie große Literatur hervorbringen
können. Ein Klischee, wie er ausführt. Er erzählt von der Bibliothek von
Alexandria, über die wir heute so gut wie nichts mehr wissen, und von der
schwierigen Kunst „des Unterscheidens zwischen faktischen Unwahrheiten und
nicht unwahren Täuschungen durch Worte, durch das Alphabet“. Am Ende geht es
dann schließlich um ein anderes Bibliotheksprojekt: Alberto Manguel leitet seit
Herbst 2016 die argentinische Nationalbibliothek in Buenos Aires und ist damit
in die Fußstapfen des großen Jorge Luis Borges getreten. Als Jugendlicher hat er
dem erblindeten Bibliotheksdirektor und Schriftsteller Kurzgeschichten
vorgelesen. „Es gibt Bücher, die uns überraschen, weil nach dem Kapitel, das
wir für das letzte hielten, ein neuer Band anfängt“, sagte er in einem
Interview mit dem Deutschlandfunk über seine neue Aufgabe. Eine Überraschung
beschert er auch den Lesern von Die verborgene Bibliothek nach dem
letzten Kapitel: Der Band schließt mit Walter Benjamins berühmtem Essay Ich
packe meine Bibliothek aus. Und mit der Hoffnung, dass uns Alberto Manguel
bald auch „in die Unordnung aufgebrochener Kisten“ mitnimmt.
Die verborgene Bibliothek von Alberto Manguel ist bei S.
Fischer erschienen.
Einen Veranstaltung des Antiquariat
Reinhold Pabel
(JK 05/18)
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