André Kubiczek: Komm in den totgesagten Park und schau (Rowohlt Berlin)

André Kubiczek schildert in seinem bei Rowohlt Berlin erschienenen Roman Komm in den totgesagten Park und schau eine Vater-Sohn-Beziehung im Ausnahmezustand – und übertrumpft die absurde Wirklichkeit nicht durch überdrehte Volten, sondern zeigt fabelhaft, wie wir unserem ganz persönlichen Untergang entgegentaumeln.

Deutschland, in der Gegenwart: Die öffentliche Verwaltung knirscht, Autonome und Illegale besetzen immer mehr Nischen, Gemurmel von einer Revolution geht um. Halbwegs bürgerlich lebt Marek, Inhaber einer Unistelle, mit seiner Frau Adriana und deren Kindern aus erster Ehe. Als die Schulleiterin Marek absurde Vorwürfe macht, fängt dieser einen Kleinkrieg an. Als Mareks Kollege Veit handfest eingreift, nimmt die Eskalation ihren Lauf. Währenddessen kommt Mareks Sohn Felix, neunzehn, zu Besuch, um seinen Vater endlich zu verstehen, denn: «Er hat immer nur einen winzigen Schritt neben den richtigen Weg gesetzt, aber das ziemlich oft, und die Summe dieser vielen, kleinen falschen Schritte hat ihn auf die falsche Spur gebracht.» Nach einer chaotischen Flucht stranden sie in der Böhmischen Schweiz. Hier, in einem abgelegenen Weberhäuschen, lernen Vater und Sohn sich selbst und einander kennen und warten ab, bis sich die Wogen zu Hause und im Land geglättet haben. Beide stellen sich die gleiche Frage: Wie konnte es nur so weit kommen?

André Kubiczek hat ein hochaktuelles, unterhaltsames und nachdenklich stimmendes Buch geschrieben. Er hat einen brandaktuellen Gegenwartsroman geschrieben, in dem er all das abhandelt, was an Themen, Strömungen und Störungen derzeit unseren Alltag bestimmt. Das linksliberale westdeutsche Bildungsbürgertum genauso wie das ostdeutsche Anti-Merkel-Wut-Proletariat, pubertierende Antifa-Revolten und die Springerstiefel tragende Gegenbewegung, Sexismus, Feminismus, Netz-Aktivismus. Er schreibt vom Nichtfunktionieren von Familie, von Ansprüchen und Erwartungshaltung, der Flucht in den Alkohol und der Sehnsucht nach Bindung. Eine Fülle an Themen, die in drei zunächst unabhängigen aber schließlich zusammenlaufenden Erzählsträngen zu einem stimmigen und konsequenten Ganzen zusammengefügt werden.

André Kubiczek, 1969 geboren, lebt in Berlin. 2002 erschien sein hochgelobter Roman Junge Talente. 2007 wurde André Kubiczek mit dem Candide-Preis ausgezeichnet. 2016 erschienen Skizze eines Sommers, das auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand.

Komm in den totgesagten Park und schau von André Kubiczek ist bei Rowohlt Berlin erschienen.
(JK 06/18)

Keine Kommentare: