Laeiszhalle
Mittwoch, 22.01.2020 20.00 Uhr
Johannes-Brahms-Platz, Hamburg
Eintritt: 15 / 18 Euro
Es ist ja nur Wetter: Jonathan Safran Foer liest aus seinem neuen Buch Wir sind das
Klima, das bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist.
Was denn nun richtig sei und zu tun, steht als Frage
plötzlich überall im Raum. Es muss nur eine ungewöhnlich milde Wetterphase im
Herbst geben oder einen Wintersturm, der Bäume auf die Bahngleise legt, sofort
raunt es aus allen Ecken: „Ist das noch Wetter oder schon Klimawandel?“ Kein
anderes Thema ist in den letzten Monaten so intensiv und kontrovers diskutiert
worden. Befeuert wird die Debatte durch die inzwischen weltweite Jugend- und
Klimaschutz-Bewegung Fridays for Future, die flammenden Auftritte der
sechzehnjährigen Klima-Aktivistin Greta Thunberg, aber auch durch jemanden wie
Richard David Precht. Der Philosoph fordert von der Politik Verbote, um eine „Ökodiktatur“
in der Zukunft zu verhindern. Das wäre sicher auch Jonathan Safran Foer recht,
doch in seinem Buch Wir sind das Klima
macht er einen anderen Vorschlag, der uns individuell in die Pflicht nimmt.
Bis er zum Thema kommt, braucht Jonathan Safran Foer
mehrere Anläufe und erlaubt sich am Ende auch wieder mehrere Auslaufrunden, zu
denen ein „Gespräch mit der Seele“, „Mehr Leben“ und ein Anhang von 60 Seiten
gehören, der zeigt, welch enormer Rechercheaufwand in das Buch eingeflossen
ist. Zu Beginn legt er mehrere historische Fäden aus, erzählt von seiner
Familiengeschichte, von „emotionalen Grenzen“ und der Schwierigkeit etwas zu
glauben, das, wie der Klimawandel, nicht durch unmittelbare Wahrnehmung
verbürgt werden kann. Es ist ja nur Wetter, was wir erleben, nur Umwelt. Erst
auf Seite 72 gibt Foer schließlich ein „Handzeichen“ und man erfährt, worum es
ihm geht: Er plädiert dafür, dass wir alle anders essen. Wer es eilig hat, kann
eine Abkürzung nehmen: Von Seite 92 bis 117 sind die wichtigen Punkte in kurzen
Aufzählungen zusammengefasst. Da erfährt man, dass „Menschen 0,01 Prozent des
Lebens auf der Erde stellen“, aber „neunundfünfzig Prozent des verfügbaren
Landes zum Anbau von Tierfutter“ nutzen. Nutztierhaltung ist zu über 90 Prozent
für die Rodungen im Amazonas verantwortlich und ein „Hauptverursacher“ des
Klimawandels. Die Schlussfolgerung daraus kann nur eine Ernährungsumstellung
sein. Jonathan Safran Foers Vorschlag dazu ist keineswegs radikal, er will
niemanden überreden, in Zukunft ausschließlich vegan zu leben, sondern gibt
lediglich eine Leitmaxime vor: „keine tierischen Produkte vor dem Abend“. Dafür
wünscht er sich eine große Bewegung. Doch wie schwer derartige Vorsätze
einzuhalten sind, hat er auch selbst schon erfahren. Obwohl er durch sein Buch Tiere essen zu einem strengen Gegner von
Massentierhaltung wurde, hat er „in schwierigen Zeiten“ Fleisch gegessen, „meistens
Burger“ am Flughafen. Was der Autor da an seiner eigenen Person exemplifiziert,
ist ein Beispiel für die Grenzen individuellen Handelns. Etwas ratlos fragt man
sich nach der Lektüre von Wir sind das
Klima deshalb, wo eigentlich die Politik bleibt, die das, was Foer
aufwirft, in gültige und rasch umsetzbare Regeln für ein gemeinsames Handeln
übersetzt.
Jonathan Safran Foer gehört zu den profiliertesten
amerikanischen Autoren der Gegenwart. Seine Romane Alles ist erleuchtet, Extrem
laut und unglaublich nah und Hier bin
ich wurden mehrfach ausgezeichnet und in 36 Sprachen übersetzt. Sein
Sachbuch Tiere essen war ebenfalls
ein internationaler Bestseller. Foer lebt in Brooklyn, New York.
Wir sind das Klima von Jonathan Safran Foer ist bei Kiepenheuer
& Witsch erschienen.
(JK 01/20)
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