
Buchhandlung Felix Jud
Mittwoch, 08.10.2008 19.30 Uhr
Neuer Wall 13
Eintritt: frei
Christian Kracht liest aus seinem neuen Roman Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten, der bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist.
In einem Spätsommer, wo wieder Panzer rollen und von Geopolitik und Kontinentalinteressen gesprochen wird, ist kaum zu glauben, dass dieser Roman auf der soeben vorgestellten Longlist des Deutschen Buchpreises fehlt“, ließ die FAZ ihre Leser zum Auftakt des Vorabdrucks von Christian Krachts neuem Roman Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten wissen. Na ja, vermutlich hat Christian Kracht einfach den Einsendeschluss verpasst, denn pünktlich sind seine Romane ja noch nie erschienen. Und sieht man von solch formalen Kleinigkeiten einmal ab, dann könnte auch die Lektüre der Verlagsankündigung deutliche Hinweise darauf geben, warum der Roman nicht berücksichtigt worden ist. Da heißt es, Kracht lege „zugleich einen Polit-Thriller, Science-Fiction und historischen Roman“ vor, der uns in eine „betörend fremde Welt führt, an deren Ende nur die Kraft der Liebe steht“. Für einen Roman von knapp 200 Seiten ist das ein ausladendes Programm. Ganz so dick kommt es dann aber doch nicht: Erzählt wird von einer Militärwelt, die Schweiz ist eine sowjetische Republik, die sich im Kampf mit dem faschistischen Deutschland befindet und das schon seit 1917. Für diesen Roman ist die Geschichte des 20. Jahrhunderts also völlig anders verlaufen. als wir sie kennen. Vorgestellt wird sie uns durch einen Politkommissar, der einen Mord aufklären soll und deshalb zur Reduit, dieser großen Schweizer Bergfestung reist – in das Herz der Finsternis. Das ist ein Plot, der so überhaupt nicht zu der meist eher biederen Lesekost passt, die hierzulande mit Preisen geehrt wird. Und das hat durchaus seine guten Seiten: Obwohl die literarischen Qualitäten von Krachts Romanen Faserland und 1979 durchaus umstritten waren, wurde sein Debüt zum Wegbereiter der Popliteratur, und sein Folgeroman gilt immerhin als „Jüngstes Gericht für einen siechen Pop-Lifestyle“, so Literatur Konkret. Zum Trendsetter ist Kracht auch mit seinem neuen Roman geworden, jedenfalls schon mal in der Werbung: Auf YouTube und beim Online-Buchhändler Amazon wurde ein durchaus sehenswerter Filmtrailer zur Ankündigung des Romans gepostet. Und damit seine Leser auch wissen, was die Stunde geschlagen hat, verkündete er in einem Interview mit der Zeitschrift „Neon“, dass er wohl keinen weiteren Roman mehr schreiben wird. Er findet „das Schicksal des Künstlers problematisch, der nicht aufhören kann und dann nie wieder seine Blütezeit erreicht. Ich denke da etwa an Morrissey, Wolfgang Schäuble, Keith Richards, Alfred Hitchcock, Francis Ford Coppola und so weiter.“ Bevor sich der Dandy und weltgewandte Lebemann in den verdienten literarischen Unruhestand begibt, ist Christian Kracht aber dann noch einmal auf Lesereise.
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