Rafael Chirbes zu Gast in der Staats- und Universitätsbibliothek

Staats- und Universitätsbibliothek, Vortragssaal

Donnerstag, 25.09.2008 19.30 Uhr

Von-Melle- Park 3

Eintritt: 7 €

Der spanische Schriftsteller Rafael Chirbes liest aus seinem neuen Roman Krematorium, der bei Kunstmann erschienen ist. Die deutschen Texte liest Andreas Schäfler, Prof. Dr. José Navarro moderiert.

Der spanische Schriftsteller Rafael Chirbes ist der heute erfolgreichste unter den im letzten Jahrzehnt auch im europäischen Ausland bekannt gewordenen spanischen Autoren. Schon in den zwei großen Romanen Der lange Marsch und Der Fall von Madrid, erzählt der 1949 bei Valencia geborene Autor in Lebensgeschichten von Einzelnen, Gruppen oder Generationen aus der jüngeren spanischen Geschichte. Mit seinem gefeierten Roman Alte Freunde hat er 2004 die Trilogie, die von der Franco-Zeit bis in die Gegenwart reicht, abgeschlossen. In diesem Herbst ist nun sein neuer Roman Krematorium erschienen, der, wie es in der spanischen Fachpresse hieß, „End- und Höhepunkt von Chirbes’ persönlicher Chronik Spaniens“ sei und „einer der besten spanischen Romane der letzten zehn Jahre“. Der Roman setzt ein mit dem Tod von Matias, dem charismatischen Bruder des erfolgreichen Bauunternehmers Rubén Bertomeu, der nun auf sein Leben zurückblickt, in dem jedes Ideal für Geld und Erfolg geopfert wurde. Da ist seine zweite Frau Monica, jung und mit unbedingtem Aufstiegswillen. Und seine Tochter Sylvia, eine Kunsthistorikerin, gefangen in einer freudlosen Ehe mit einem arroganten Professor. Sie alle profitieren von Rubéns Reichtum, gleichzeitig verachten sie ihn. Rubéns Kindheitsfreund, Federico Brouard, ist als Schriftsteller gescheitert und verbringt seine letzten Tage im Suff, Ramon Collado ist Rubéns Mann fürs Grobe. Aus diesen unterschiedlichen Perspektiven entsteht ein grandioses Gesellschaftspanorama: die Familie als Ort des Besitzdenkens, die Zerstörung der Umwelt, Bauspekulation, schmutzige Geschäfte, Korruption, Drogen, Sexualität als Ware und gleichzeitig letzter Halt gegen die Auflösung jeglicher Verbindungen. Rafael Chirbes erzählt in Krematorium eine aus den Fugen geratene Welt, in der keine Gewissheit mehr gilt, in der Werte, Wörter und Utopien leere Hülsen sind. Und doch ist dieser Roman ein Rettungsversuch: Aus der Erzählung der Widersprüche einer Gesellschaft, die sich ganz dem Konsum und dem Mammon verschrieben hat, wird deutlich, was wir verloren haben.

Veranstaltet wird die Lesung von der Staats- und Universitätsbibliothek zusammen mit der Heinrich-Heine-Buchhandlung.

Krematorium von Rafael Chirbes ist im Antje Kunstmann Verlag erschienen.
(JK 20/09/08)

Keine Kommentare: