
„Wer bist du? Wo kommst du her? Warst du gut in der Schule? Wie ist dein Land?“ Wilfried N’Sondés Roman Das Herz der Leopardenkinder, der bei Kunstmann erschienen ist, gibt den Erfahrungen einer neuen Generation von Migranten eine literarische Stimme.
Zusammengeschlagen und eines Verbrechens angeklagt, an das er sich kaum erinnert, findet sich ein junger Afrikaner auf einer Polizeiwache wieder. In der Verlassenheit und tiefsten Erniedrigung einer Gefängniszelle überfällt ihn eine Flut von Erinnerungen: an Mireille und die leidenschaftliche Liebe zu ihr; die hellhäutige Mireille, die ihn verlassen hat, um aus der Hoffnungslosigkeit der Vorstädte zu fliehen. An Drissa, seinen Blutsbruder, der die Gewalt gegen sich selbst kehrt; an Kamel, der zum Fanatiker geworden ist. Und immer wieder werden die Stimmen der Ahnen lebendig, die von Ehre, Stolz und magischen Kräften künden. Die ein Afrika beschwören, das für die an der Bruchlinie zweier Kulturen aufgewachsenen „Leopardenkinder“ nur noch ein ferner Mythos ist.
Wilfried N'Sondé wurde 1968 in Brazzaville, Kongo, geboren. 1973 siedelte die Familie in einen Pariser Vorort über. Geprägt von den Lebensverhältnissen der Banlieues begann Wilfried N’Sondé, Gedichte und Kurzprosa zu verfassen – unveröffentlichte Anzeichen einer privaten „Bildungsrevolution“, die ihn bis an die Sorbonne führte, wo er bis 1991 Politologie studierte. Nach ausgedehnten Reisen mit Stationen in London, Utrecht und Madrid hat er sich dann in Berlin niedergelassen. Hier wurde er als Musiker mit einer Mischung aus Trash-Rock und Afro-Punk aktiv. Zudem betreut er in seinem Charlottenburger Kiez zahlreiche Projekte mit sozial benachteiligten Jugendlichen. Für seinen Roman Das Herz der Leopardenkinder wurde N’Sondé mit dem „Prix Senghor de la Création Littéraire“ und dem „Prix des cinq continents de la francophonie“ ausgezeichnet. Der Autor ist Vater von zwei Kindern und arbeitet derzeit an einem Album mit Chansons.
(JK 06/09/08)
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