Es scheint, als habe die Zeit das Haus am Rande Torontos übersehen. Und auch seine Bewohnerin, die seit Jahren immer seltsamer und vergesslicher wird, lebt ganz im einsamen Rhythmus ihres dünner werdenden Gedächtnisses. Doch hat sich zwischen ihr und ihrem Sohn, der sie vor zwei Jahren als Teenager verließ, manches verändert. Jetzt ist er zurück und versucht nicht ohne Schuldgefühle, aber vor allem mit der Neugier des Spurensuchers, die verbliebenen Gedächtnissplitter der Mutter wieder zusammenzufügen. Wie erlebte sie ihre Kindheit in Trinidad, wie den Abschied von der Heimat und die Ankunft in der Fremde? Und worin besteht das Geheimnis, das ihre Existenz und auch seine eigene stets geprägt hat? Mehr und mehr beginnt er zu verstehen, dass auch seine Biographie auf dem Spiel steht. Die Erinnerung kehrt in ihrer beider Leben ein wie der Dämon aus den alten Geschichten der Karibik.
David Chariandy erzählt in seinem bei Surkamp erschienenen Roman Der karibische Dämon eindringlich, zuweilen drastisch und komisch. Mit seiner lebensnahen Anschaulichkeit und seiner frischen, von keiner Konvention stillgestellten Sprache hat dieser Roman über persönlichen und kulturellen Gedächtnisverlust bei den kanadischen Lesern begeisterten Zuspruch gefunden, und er wurde für den wichtigsten Buchpreis Kanadas, den Governor General’s Literary Award, nominiert.
David Chariandy, geboren 1969, lebt in Vancouver und unterrichtet Literatur an der Simon Fraser University.
(JK 06/09)
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