Mittwoch, 21.10.2009 20.00 Uhr
Schwanenwik 38 - 22087 Hamburg
Eintritt: 6 – 10 Euro
John Burnside liest aus seinem neuen Roman Glister, der bei Knaus erschienen ist. Alexander Simon liest den deutschen Text, Julika Griem moderiert.
Manche Bücher verstören so nachhaltig, dass man ihre Bilder nicht mehr vergisst und das Zutrauen, sinnvoll zwischen Fiktion und Realität zu unterscheiden, verliert. Der Schotte John Burnside hat ein solches Buch geschrieben, den Roman Glister, der im Knaus Verlag erschienen ist, der mit traumwandlerischer Sicherheit Versatzstücke verschiedenster Gattungen miteinander verbindet. Science-Fiction, Kriminalroman und Horror vermengen sich so auf kunstvollste Weise mit einem psychologischen, magisch grundierten Realismus, der einer verrotteten Gesellschaft den Spiegel vorhält. Burnside, der in seiner Heimat zuerst als Lyriker gefeiert wurde und hierzulande zuletzt den stark beachteten Roman Die Spur des Teufels vorlegte, wagt viel, und weil er über eine glanzvolle Sprache verfügt und Metaphern zu setzen weiß, zählt Glister zu den herausragenden Büchern dieses Herbstes.
Schauplatz des unheilvollen Geschehens ist das fiktive Innertown, irgendwo in einer Küstenregion gelegen. Einstmals sorgte eine Chemiefabrik dort für Wohlstand, doch längst sind deren Anlagen hinfällig. Gift hat den Boden und die Körper der verbliebenen Menschen durchtränkt, und nichts scheint diese Industriebrache retten zu können. Krankheit, Verfall und Tod walten überall, zumal das mysteriöse Verschwinden von fünf Jugendlichen das übrig gebliebene Leben in der „verpesteten, ausgebluteten Stadt” belastet. Allein der junge Leonard Wilson stemmt sich gegen das Schicksal - ein Hoffnungsschimmer, den Burnsides anspielungsreicher Roman in einem furiosen Finale ausmalt. Eine „ausgeklügelte Erzählung” nannte Irvine Welsh Glister, die mal verführerisch, mal düster, mal verspielt sei und nichts weniger als hypnotisierend. Von welch anderen Romanen lässt sich das sagen?
(JK 10/09)

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