Simon Borowiak präsentiert am 24.11.2009 seinen neuen Roman

Thalia Theater (Theaterbar ZENTRALE)

Dienstag, 24.11.2009 20.00 Uhr

Alstertor 1, Hamburg

Eintritt: 6 – 8 Euro

Simon Borowiak präsentiert seinen neuen Roman Schade um den schönen Sex, der bei Eichborn erschienen ist.

Ungeheuer komisch, abgrundtief tragisch und schonungslos ehrlich: Der Ich-Erzähler und sein notorisch unberechenbarer Freund Cromwell machen sich in Schade um den schönen Sex an einem trostlosen Heiligabend auf ins winterliche Ventimiglia. Im Gepäck die vage Erinnerung an einen glücklichen Ferienort aus ihrer Kindheit und den festen Plan, in Sachen Liebe diesmal alles richtig zu machen. Doch wenn einige verrückt Normale und wenige normal Verrückte gemeinsam Ferien machen, bleibt es nicht nur bei herrlich bösen Dialogen.

Hamburg, kurz vor Weihnachten: Cromwell, ein Mann, dessen aktuelle Flamme ihn gerade zum Teufel gewünscht und nebenbei zwei Flugtickets nach Nizza überlassen hat, ruft seinen besten Freund an: er möge doch mit ihm nach Nizza fliegen. Der Angesprochene, Ich-Erzähler des Romans, ist gar nicht erbaut: Weihnachten im Süden... wo doch im Norden Kälte, Strohsterne, Adventskalender, Nougat, Lichterpracht und riesige Weihnachtsbäume locken? Aber, bewandert was psychische Notsituationen betrifft, lässt sich unser Ich-Erzähler breitschlagen und landet im Schlepptau von Cromwell — in Ventimiglia. Dort begegnen die Freunde einem filigranen Burschen um die Vierzig, in schwarzer Kleidung, Baskenmütze und Sonnenbrille, der Ihnen eine Unterkunft verheißt. „Darf man sich von fremden Männern in punkto Unterkunft ansprechen lassen?“, fragt sich der Ich-Erzähler — bevor er bemerkt, dass sein Gegenüber ein blinder Cicerone ist. „Tja, wenn er blind ist, kann man ihm blindlings folgen.“ Kurze Zeit später sehen sich Cromwell und sein Freund einem überaus hässlichen, sechsstöckigen Betonbau mit bröselnden Balkonen, einem wahren Schmuckstück aus den bunten Fünfzigern, gegenüber. Wegen des sensationellen Meerblicks und der Tatsache, ihren Blinden kurzerhand ins Herz geschlossen zu haben, mieten die beiden Männer ein Appartement.

Eigentlich könnte sich nun alles in Wohlgefallen auflösen: Cromwell möchte seine neue Kamera testen, der Ich-Erzähler widmet sich dem Bau einer Strandgut-Krippe, die aussieht wie „vermöbelter Josef auf Hundekackplatz“, Mendelssohn entpuppt sich als wunderbarer Freund und Begleiter und auf vertrackte Art und Weise hat das hässlich-schöne Ventimiglia so seinen Reiz. Tja, eigentlich. Wäre da nicht Gesa: ein zartes Persönchen mit zierlichem Gesicht, sehr schönen Augen und — etwas zu minderjähriger Fasson. Cromwell, der — trotz der Warnungen seines Freundes immer auf den Liebeskirmes hereinfällt, der, was Frauen angeht, einen grauenhaften Geschmack hat und definitiv nicht weiß, was gut für ihn ist; den es bei jeder Damenwahl zuverlässig umhaut, der jede Frau unglücklich macht und hinterher staunend vor den greinenden Trümmern steht; Cromwell, nun, findet nicht wie alle anderen Geschmack an einer volljährigen Frisöse, nein, seine Wahl muss irr oder minderjährig oder am besten Beides sein. Schlicht, Cromwell ist eine Katastrophe! Er darf nicht...

Im Gegensatz zu unserem Ich-Erzähler: der führt ein zufriedenes, erfülltes Leben als übellauniger Hagestolz, beurteilt Orgasmus als eine unbenommen schöne Sitte, jedoch: geben wir es zu — es gibt wirklich vieles, was wichtiger und erhabener daher kommt. Zum Beispiel „kerngesund in der Notaufnahme sitzen. Oder die Bibel ins Hessische übersetzen. Tausend Dinge, die einen Orgasmus locker auf Platz tausendundeins verweisen würden.“ Ehrlicherweise muss erzählt werden, dass diese Haltung einen Grund hat — eine heftige, heimliche, dreijährige, funkelnde Affäre in jungen Jahren mit einer älteren Frau — der „Duse“. Danach ward unser Mann geheilt und kotzt seitdem „in hohem Bogen auf Romantik“. Er will nicht...

Bleibt noch der Blinde, Mendelssohn, der eigentlich Joachim Schönberger heißt, aber von unserem Ich-Erzähler nach der Begegnung mit dessen Cousin „Graf Hansi“ sofort in „Mendelssohn“ mutiert. Wie sich bei einem Lidl-Besuch im schönen Ventimiglia herausstellt, hat Mendelssohn einen Blick auf einen der dortigen Kassierer (Mattia heißt der Knabe) geworfen. Aber — wie soll dass denn funktionieren. Ein schwuler Blinder im Liebesreigen der Sehenden? Mendelssohn kann nicht...

„Simon Borowiaks Roman ist eines der durchgeknalltesten Bücher dieses Jahres. Es ist respektlos, schamlos und voller bösem Witz. (...) Ein wunderbar neurotisches Buch, das nicht nur eine Parodie auf Männer in der Midlife-Crisis ist, sondern auch von einer manchmal fröstelnden Abgeklärtheit durchzogen ist, oder wie würde es der Ich-Erzähler sagen: ‚Meine Laune war an diesem Morgen so indifferent, dass ich vorsichtshalber wieder einschlief’“, urteilt das Deutschlandradio Kultur.

Simon Borowiak, geboren 1964, war sieben Jahre Redakteur bei dem Satireblatt TITANIC und ist Autor des Bestsellers Frau Rettich, die Czerni und ich (verfilmt mit Iris Berben).

Schade um den schönen Sex von Simon Borowiak ist bei Eichborn erschienen.
(JK 11/09)

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