Literaturhaus
Donnerstag,
15.03.2012
19.30
Uhr
Schwanenwik
38, 22087 Hamburg
Eintritt:
6 -10 Euro.
Martin
Amis stellt seinen neuen Roman Die
schwangere Witwe vor, der bei Hanser erschienen ist. Tim Grobe liest den
deutschen Text und Susanne Weingarten moderiert.
„Das sind
jetzt meine Fickjahre. Sobald ich mich ausgetobt habe, lege ich mit dem
Kinderkriegen los”. Oha. Ein Blatt hat Martin Amis noch nie vor den Mund
genommen, und auch sein neuer Roman Die
schwangere Witwe legt ordentlich los: Keith Nearing, 22 Jahre alt,
britischer Möchtegern-Literaturkritiker und bislang vor allem auf „Sie tun
es”-Passagen in viktorianischen Romanen fixiert, macht in Italien Urlaub gleich
mit zwei Damen: Lily, seine Freundin, will das neue Wort „Emanzipation” dem
Praxistest unterziehen, Scheherazade wird von einem ganzen Schwarm von Gigolos
gejagt, doch auch Keith kann die Augen kaum von ihrer üppigen Oberweite wenden.
Unter der Sonne des Landes, wo nicht nur die Zitronen blühen, fallen die
Bikinioberteile und die Hemmungen: „Aber jetzt war der Sommer 1970, und der
Geschlechtsverkehr hatte große Fortschritte gemacht. Der Geschlechtsverkehr
hatte es weit gebracht, und alle hatten kaum etwas anderes im Kopf.” Und doch
scheint zwischen wechselnden Bettgefährten, Antibabypille und Promiskuität
etwas zu keimen, das die gute, alte Jane Austen möglicherweise als „Moral”
bezeichnet hätte. Der erwachsene, eventuell sogar gereifte Keith muss erkennen,
dass seine Freiheit eine armselige Freiheit war: „Wir sind durch und durch
Porno”, knallt ihm seine halbwüchsige Tochter an den Kopf. Wir schreiben das
Jahr 2003.
Martin
Amis, geboren 1949, eine der unerschrockensten Stimmen der britischen Literatur
und zuweilen ihr „bad boy”, rechnet in seinem neuen Roman mit der eigenen
Vergangenheit ab und nimmt die sexuelle Libertinage der siebziger Jahre gehörig
auf die Schippe. „Sprachlich fulminant und urkomisch”, urteilt der Tages-Anzeiger,
seziert Amis die Doppelmoral der Siebziger und „entzaubert den Mythos der
freien Liebe”, wie DeutschlandRadio Kultur anmerkt. In England wurde der Roman
zum Buch des Jahres erkoren. Die Feministinnen indes haben ihn gehasst und dem
Autor „plakative Altherrenfantasien” unterstellt.
Hierzulande
sind wir toleranter, oder?
Die
schwangere Witwe von Martin Amis ist bei Hanser erschienen.
(JK 03/12)
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