Hédi Kaddour: Savoir-vivre (Eichborn)


Hédi Kaddour erzählt in seinem neuen bei Eichborn erschienenen Roman Savoir-vivre die atemberaubende Geschichte eines Mannes, der ein unaussprechliches Geheimnis verbirgt – in einer Zeit, in der die äußere Erscheinung als Ausdruck innerer Haltung galt.

London 1930: Der französische Journalist Max Goffard ist fasziniert von William Strether, einem hochdekorierten Helden des Ersten Weltkriegs – und perfekten Gentleman. Strether ist elegant, schneidig, er verkörpert geradezu das Ideal männlich-soldatischer Haltung. Als Goffard ihn trifft, arbeitet er als Maître d’Hôtel in einem Nobelrestaurant und hat sich einer faschistischen Splitterpartei angeschlossen, bei der er eine geistige Heimat zu finden hofft.

Goffard will mehr herausfinden über diesen Mann, der trotz seiner Strenge etwas Schillerndes hat. Und tatsächlich vertraut Strether sich ihm an, erzählt ihm in langen Gesprächen seine Lebensgeschichte – fast so, als würde es ihn erleichtern. Doch warum sollte Strether, für den Ritterlichkeit und konservative Gesinnung höchste Werte sind, ausgerechnet die Nähe eines linksgerichteten Libertins wie Goffard suchen? Strether, das spürt Goffard, hat noch eine andere, verborgene Geschichte zu erzählen…

In Hédi Kaddours Roman trifft man auf Figuren aus seinem umfangreichen Vorgängerroman Waltenberg. Das kommt daher, dass es eigentlich als Teil des Waltenberg-Romans gedacht war. Weil es aber das Werk gesprengt hätte, hat Kaddour es kurzerhand ausgelagert. Der Stoff war Kaddour so ans Herz gewachsen, dass er ihn nicht aufschieben wollte. Wie bereits bei Waltenberg besticht Kaddour mit einem verführerischen Erzählstil, der den Leser von Anbeginn in Bann zieht. Leider darf man nicht zu viel von der Geschichte verraten, da man sonst die Überraschungen nicht mehr genießen. Was wir jedoch verraten können, ist dass Savoir-Vivre  ein außergewöhnlicher Lesegenuss ist und unsere Empfehlung als „absolut lesenswert“ erhält
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Hédi Kaddour ist 1945 in Tunesien geboren und lebt seit seiner Kindheit in Frankreich. Er hat sechs Gedichtbände wie auch eine Sammlung mit Essays über Dichtung veröffentlicht. Kaddour hat ein Vorwort zur französischen Ausgabe von Mausoleum von Hans Magnus Enzensberger verfasst und Lessing ins Französische übersetzt. Er lebt in Paris.

Savoir-vivre von Hédi Kaddour ist bei Eichborn erschienen.
(JK 07/11)

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