Zora del Buono: Gotthard (C.H. Beck)

Abgründig und komisch, sinnlich und raffiniert erzählt Zora del Buono in ihrem bei C.H. Beck erschienenen Roman Gotthard von den Arbeitern am Gotthardbasistunnel, von einer buchstäblich heißen Arbeitsatmosphäre und einer Leiche im Keller.

Fritz Bergundthal, Eisenbahn-Fan aus Berlin und gepflegter, fünfzigjähriger Junggeselle, ist zum Gotthardtunnel ins Tessin gereist, um ein paar spektakuläre Fotos schöner Lokomotiven zu machen. Aber im Laufe eines einzigen Tages, von dem Gotthard erzählt, wird er immer tiefer verstrickt in die freundschaftlich-familiären und erotischen Verwicklungen der Arbeiter rund um die Baustelle des Gotthardbasistunnels. Da sind die immer noch fesche, schrill alternde Dora Polli-Müller und ihre burschikose Tochter Flavia, Robert Filz mit seiner obsessiven Liebe zur brasilianischen Hure Mônica, Aldo Polli und Tonino, die in einer merkwürdigen, spannungsgeladenen Abhängigkeit aufeinander fixiert sind. Und die Heilige Barbara, Schutzgöttin der Tunnelbauer, ist gestohlen worden. Ein böses Omen, was sich im Laufe dieses Tages grässlich bewahrheiten wird.

Die Stränge der einzelnen Geschichten im Laufe eines Tages hält der im Bau befindliche Gotthardbasistunnel in Zora del Buonos Novelle zusammen. Präzise verwebt die Autorin menschliche Leidenschaften und Schicksale, in denen es vordergründig um Tunnelbau geht. Mit scharfem Blick und smarten Bemerkungen über scheinbar Nebensächliches führt sie die Feder und bringt nebenbei noch sehr viel Kenntnisse über dieses historische Ereignis in den Zentralalpen unter.

Zora del Buono, geboren 1962 in Zürich, studierte Architektur an der ETH Zürich und der HdK Berlin. Sie arbeitete als Gastdozentin an verschiedenen Universitäten, ist Gründungsmitglied der Zeitschrift mare, Kulturredakteurin und freie Autorin.

Gotthard von Zora del Buono ist bei C.H. Beck erschienen. 
(JK 11/15)

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