Christoph Poschenrieder: Das Sandkorn (Diogenes)

Christoph Poschenrieders Roman Das Sandkorn steht auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2014 und ist im Diogenes Verlag erschienen.

Ein Mann streut Sand aus Süditalien auf den Straßen von Berlin aus. In Zeiten des Kriegs ist solch ein Verhalten nicht nur seltsam, sondern verdächtig. Der Kommissar, der den kuriosen Fall übernimmt, stößt unter dem Sand auf eine Geschichte von Liebe und Tabu zwischen zwei Männern und einer Frau. Ein Zeitbild von 1914, aus drei ungewöhnlichen Perspektiven.

Es sind die letzten Tage des Kaiserreichs, an der Schwelle zum Ersten Weltkrieg. Jacob Tolmeyn, Kunsthistoriker aus Berlin, befürchtet, wegen seiner Homosexualität erpresst und verfolgt zu werden, und nimmt einen Forschungsauftrag in Süditalien an, weit weg vom gefährlichen Großstadtkiez. Doch auch unter der apulischen Sonne, bei der Vermessung der staufischen Kastelle zusammen mit seinem Assistenten Beat unter der Aufsicht von Letizia, steht er bald vor demselben Problem. Muss er nun auch in Italien vor Denunzianten zittern? Zurück in Deutschland gerät er trotz aller Vorsichtsmaßnahmen in die Fänge des Berliner Kommissars Franz von Treptow – eines Spürhunds, der einer Fährte aus Sand folgt, die Tolmeyn selbst gelegt hat.

Poschenrieder bringt in seinem Roman Menschen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen zusammen, die miteinander verbindet, dass sie auf der Suche nach einem selbstbestimmten Leben sind. Doch die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg lässt dies nicht zu. In langen Verhören erfährt der Kommissar die Geschichte Tolmeyns. Die Notizen, die sich der Kommissar dabei macht, wechseln sich in Poschenrieders Roman ab mit langen und ausführlichen Berichten über die vielen Reisen und Stationen, die Jacob, Beat und Letizia in Apulien unternommen haben. Ganz offensichtlich hat sich Christoph Poschenrieder für seine Geschichte vom Leben wahrer Personen inspirieren lassen. So haben Arthur Haseloff und Martin Wackernagel zwischen 1904 und 1908 eine möglichst lückenlose Bestandsaufnahme der Bauten aus der Zeit Friedrichs II. (1194-1250) in Apulien gemacht und es gab in Berlin einen Kommissar namens Hans von Tresckow, der sich vorsichtig für die Abschaffung des § 175 einsetzte und aus dessen  Lebenserinnerungen Poschenrieder immer wieder zitiert. Das Sandkorn handelt von Liebe und Toleranz und trägt auch Elemente des Krimis in sich, die für den Spannungsbogen in der Geschichte sorgen.

Christoph Poschenrieder, geboren 1964 bei Boston, studierte an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten in München. Danach besuchte er die Journalistenschule an der Columbia University, New York. Seit 1993 arbeitet er als freier Journalist und Autor von Dokumentarfilmen. Heute konzentriert er sich auf das literarische Schreiben. Sein Debüt Die Welt ist im Kopf mit dem jungen Schopenhauer als Hauptfigur erhielt hymnische Besprechungen und war auch international erfolgreich. Christoph Poschenrieder lebt in München.

Das Sandkorn  von Christoph Poschenrieder ist bei Diogenes erschienen. 
(JK 10/14)

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