Davide Longo: Der Fall Bramard (Rowohlt)

Nach seinem großen, sprachgewaltigen Italienpanorama Der aufrechte Mann, das ein ganz anderes Italien zeigt, als wir es kennen, kehrt Davide Longo nun wieder in seine engere Heimat, in die piemontesischen Berge, zurück. Sein neuer bei Rowohlt erschienene Roman Der Fall Bramard schließt an seinen Roman Der Steingänger an, der Davide Longo in Deutschland bekannt gemacht hat und in dem es auch, wie im Fall Bramard um einen außergewöhnlichen Kriminalfall im Piemont ging.

Corso Bramard lebt in einem Dorf am schönsten Wanderweg der Alpen, der GTA, Grande Traversata delle Alpi. Doch unaufgeklärte Verbrechen lasten auf den Bewohnern. Bramard, ein schweigsamer charismatischer Kauz, war als Kommissar einem Frauenmörder auf der Spur. Kurz vor der Aufdeckung jedoch wurde seine eigene Frau zum Opfer, seine Tochter verschwand. Zwanzig Jahre später meldet sich der Mörder mit einem anonymen Brief und einem Zitat aus dem Song „Story of Isaac“ von Leonard Cohen bei ihm wieder. Bramard, der inzwischen Lehrer geworden ist und eine zarte Liebesbeziehung zu der in der Dorfbar arbeitenden Rumänin Elena unterhält, nimmt die Herausforderung an. Er begibt sich auf die Suche nach dem Mann, der sein Leben beinahe zerstörte, setzt die einzelnen Erinnerungen der Talbewohner an die letzten zwei Jahrzehnte akribisch zusammen, bis es zu einer in jeder Hinsicht überraschenden Begegnung kommt.

Ein spannungsgeladener Roman über die Nähe von Schönheit und Verbrechen und über Verletzungen, die man jahrelang in sich trägt, bis der Moment kommt, sich ihnen zu stellen und sie zu überwinden. Die Figur des Bramard ist eine typische Figur des Autoren Davide Longo: ein introvertierter, kurz angebundener und unprätentiöser Bär, rau und sentimental. Man könnte meinen ein Alter Ego des Schriftstellers. Longo serviert eine überzeugende Geschichte mit guten Zutaten und einer präzisen flüssigen Schreibe.

Davide Longo ist neben Paolo Giordano, Andrea Bajani und Michela Murgia einer der renommiertesten italienischen Autoren der jüngeren Generation. Die literarische Kraft, existenzielle Atmosphäre und sprachliche Dichte von Longos Prosa hinterlassen unauslöschliche Leseeindrücke.

Davide Longo, 1971 in Carmagnola im Piemont geboren, lebt in Turin, wo er am Literaturinstitut Scuola Holden unterrichtet. Er schreibt Prosa, Hörspiele und Drehbücher für Kurzfilme. Für seinen Roman Der Steingänger erhielt er mehrere Preise, darunter den Premio Grinzane Cavour, den Premio Via Po und den Premio Scritture Giovane.

Der Fall Bramard  von Davide Longo ist bei Rowohlt erschienen. 
(JK 08/15)

Keine Kommentare: