Bei Btb ist der Roman Die
Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki von Haruki Murakami als Taschenbuch erschienen.
Der junge Tsukuru Tazaki
ist Teil einer Clique von fünf Freunden, deren Mitglieder alle eine Farbe im
Namen tragen. Nur Tsukuru fällt aus dem Rahmen und empfindet sich – auch im
übertragenen Sinne – als farblos. Als er nach der gemeinsamen Schulzeit nach
Tokyo geht, tut dies der Freundschaft keinen Abbruch. Zumindest nicht bis zu
jenem Sommertag, an dem Tsukuru voller Vorfreude auf die Ferien nach Nagoya
zurückkehrt – und herausfindet, dass seine Freunde ihn plötzlich und
unerklärlicherweise schneiden. Er erhält einen Anruf: Tsukuru solle sich in
Zukunft von ihnen fernhalten, er wisse schon, warum. Verzweifelt kehrt Tsukuru
nach Tokio zurück, wo er ein halbes Jahr am Rande des Selbstmords verbringt.
Viele Jahre später offenbart sich der inzwischen 36-Jährige seiner neuen
Freundin Sara und stellt sich, von ihr ermutigt, den Dämonen seiner
Vergangenheit.
Die Kritik in Deutschland
hat den Roman bei Erscheinen unterschiedlich aufgenommen. So beschrieb Burkhard
Müller von der Süddeutschen Zeitung den Roman als großes Werk voller „Ruhe und
Spannung“. Die Größe des Autors wird einmal mehr in dessen Kunst gesehen,
lakonisch und ruhig zu erzählen, eine hohe Spannung zu erzeugen und den Leser
zugleich emotional zu berühren. Gerade diese „emotionale Kraft“ des Romans –
sie spricht für Müller aus Murakamis Dialogen und der Beschreibung von Dingen
wie Gefäßen aus Keramik – hat tief beeindruckt.
Andreas Platthaus von der
FAZ findet den Roman „genial“. Murakami umschreibt immer den Abgrund
uneingelöster Erwartungen, die des Lesers und die seiner Figuren.
Für Frank Schäfer von der
Tageszeitung hingegen handelt es sich um einen sehr typischen Murakami-Roman,
dem er eine „Literatur des kleinsten gemeinsamen Nenners“ vorwirft:
Star-Wars-Sprüche gehen hier als Zen-Weisheiten durch, für die globale
Anschlussfähigkeit sorgt ein interkultureller Mix aus Sushi, Liszt und
finnischem Design. Den Stil des Autor nennt er „gepflegt, gebügelt, mitunter
etwas betulich“, allerdings nur in seinen besten Passagen. Bei der wörtlichen
Rede klinge es eigentlich so, als würden seine Figuren „Spruchbänder hochhalten“.
Am Ende seiner Abrechnung erkennt Schäfer bei Murakami auf „gravitätischen
Pipifax“.
Für Karl-Markus Gauß von
der NZZ gehört der Roman in die Sparte seichter Unterhaltung. Er findet die
Story denkbar banal, wogegen auch die eingestreuten philosophischen Plattitüden
und Bildungseinsprengsel nichts ausrichten können.
Es bleibt somit nur jedem
einzelnen Leser vorbehalten, sich sein eigenes Urteil zu dem Roman zu bilden.
Haruki Murakami, geboren
1949 in Kyoto, studierte Theaterwissenschaften und Drehbuchschreiben in Tokio.
1974 gründete er den Jazzclub „Peter Cat“, den er bis 1982 leitete. In den 80er
Jahren war Murakami dauerhaft in Europa ansässig (u. a. in Frankreich, Italien
und Griechenland), 1991 ging er in die USA, ehe er 1995 nach Japan
zurückkehrte. Murakami ist der international gefeierte und mit den höchsten
japanischen Literaturpreisen ausgezeichnete Autor zahlreicher Romane und
Erzählungen. Sein Roman Gefährliche Geliebte entzweite das Literarische
Quartett, mit Mister Aufziehvogel schrieb er das Kultbuch seiner
Generation. Ferner hat er die Werke von Raymond Chandler, John Irving, Truman
Capote und Raymond Carver ins Japanische übersetzt.
Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki von Haruki Murakami ist bei Btb als
Taschenbuch erschienen.
(JK 10/15)
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