Simran Singh ist
Sozialarbeiterin in Mumbai und die Hauptfigur in Kishwar Desais Roman Das geliehene Kind, der bei btb als
Taschenbuch erschienen ist.
In Delhi kommt ein Mädchen
zur Welt, ausgetragen von einer indischen Leihmutter und sehnsüchtig erwartet von
den europäischen Eltern aus London. Doch das Wunschkind hat einen schrecklichen
Makel: es ist mit HIV infiziert. Und die Eltern der Kleinen sterben kurz nach
der Geburt unter mysteriösen Umständen bei einem Unfall. Die engagierte
Sozialarbeiterin Simran Singh wird zu Hilfe gerufen, um die Hintergründe zu
klären. Und stößt auf eine Baby-Industrie, die aus dem Kinderwunsch
verzweifelter Paare Profit macht und dafür, wenn es sein muss, auch über
Leichen geht.
Kishwar Desai bezeichnet
ihre Romane als soziale Thriller. Es sind Romane, die am Puls des heutigen
Indiens platziert sind, die das Gemenge von Ungleichheit und Ungerechtigkeit verbunden
mit kulturellen Traditionen offenlegen. Ihr
Roman ist harte aber notwendige Lektüre. Desai beschreibt die Kliniken, in
denen bitterarme junge Inderinnen auf wirtschaftlichen und familiären Druck hin
gezwungen sind zu gebären. So sind diese Kliniken auch nicht mehr als blosse
Gebärbatterien für hoffnungsvolle Pärchen aus dem Westen, die ihre Embryonen
per Kurier nach Mumbai schicken lassen. Wenn das Baby ausgetragen ist, fliegen
die Eltern hin und holen das Baby in der Klinik ab. Auftrag erfüllt! Während
der episodische Charakter des Buches sich ein wenig anfühlt wie eine
seifenoperartige Geschichte in einem Frauenmagazin, sind Desais Bücher in
Indien Bestseller mit weitreichender Wirkung. Frauenpolitikerinnen hinterfragen
mittlerweile die Praxis der Baby-Industrie und rücken diese in die öffentliche
Wahrnehmung. Plötzlich bekommt der Roman Gewicht, ebenso verändern und
provozieren zu können. Kishwar Desais Büchern könnte hier eine entscheidende
Wichtigkeit zukommen.
Kishwar Desai wuchs in
Indien auf. Dort arbeitete sie viele Jahre als TV-Journalistin, unter anderem
als Nachrichtenkorrespondentin, Produzentin und CEO eines Fernsehsenders. Als
sie vor acht Jahren nach London zog, wandte sie sich verstärkt dem Schreiben
zu. Sie widmet sich aktuellen Fragen der indischen Gesellschaft und ist in den
indischen Medien stets präsent. Für ihr Romandebüt Die Überlebende, der erste Fall für
Simran Singh, ist Kishwar Desai mit dem renommierten Costa First Novel
Award ausgezeichnet worden. Sie lebt mit ihrem zweiten Ehemann, dem
Parlamentarier und Ökonomen Meghnad Desai, in London.
Das geliehene Kind von Kishwar Desai ist bei Btb als
Taschenbuch erschienen.
(JK 12/14)
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