Rolf Hochhuth: Alan Turing (rororo)

Wahrscheinlich wegen des Films The Imitation Game hat der Rowohlt Verlag die Erzählung Alan Turing von Rolf Hochhuth neu bei rororo als Taschenbuch aufgelegt.

Alan Turing war einer der herausragendsten Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Im Zweiten Weltkrieg war seine Forschung kriegsentscheidend: Er entschlüsselte den Enigma-Code der Deutschen und konnte ihre Funksprüche nach wenigen Minuten der britischen Führung übermitteln. Nicht Ruhm und Ehre aber werden ihm in der Nachkriegszeit zuteil – als Homosexueller erfährt er gesellschaftliche Ächtung und Verfolgung. Rolf Hochhuth erzählt die Geschichte dieses außergewöhnlichen Kriegshelden.

Vorweg gesagt, man merkt dem Buch an, dass es bereits vor 28 Jahren erschien. Wer auf eine ergreifende Geschichte wie im Film hofft, der wird enttäuscht werden. Hochhuth versucht Alan Turing über die Philosophie zu erschließen, dabei gelingt es ihm leider nicht den Menschen Turing auferstehen zu lassen. Es gelingt ihm zwar die Macken Turings zu beschreiben, doch dem eigentlichen menschlich bewegenden Thema, Turings Homosexualität, begegnet er in einer fast gönnerhaften Weise, die jedoch die Person Alan Turing seltsamerweise nicht ernst nimmt. Das war vielleicht in den 1980er Jahren salonfähig, den heutigen Leser bringt das hingegen auf die Palme. Hochhuths Erzählung ist leider nicht mehr der heutigen Zeit entsprechend und ob man dem Andenken Alan Turings mit der Neuveröffentlichung einen Dienst erwiesen hat, ist leider zu bezweifeln. Gut und in gewisser Weise erleichternd, dass es zeitgleich den Film im Kino gibt.

Rolf Hochhuth, geboren am 1. April 1931 in Eschwege, war Verlagslektor, als er 1959 während eines Rom-Aufenthalts sein erstes Drama Der Stellvertreter konzipierte, das, 1963 in Berlin von Erwin Piscator uraufgeführt, weltweites Aufsehen erregte. Hochhuth blickt auf ein umfangreiches dramatisches, essayistisches und lyrisches Werk zurück. Er lebt in Berlin. Ausgezeichnet wurde Hochhuth u.a. mit dem Kunstpreis der Stadt Basel (1976), dem Geschwister-Scholl-Preis (1980), dem Lessing-Preis der Freien Hansestadt Hamburg (1981), dem Elisabeth-Langgässer-Preis (1990) und dem Jacob-Grimm-Preis für Deutsche Sprache (2001).

Alan Turing  von Rolf Hochhuth ist bei rororo erschienen. 
(JK 04/15)

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