Adrien Bosc: Morgen früh in New York (List)

In seinem Debütroman Morgen früh in New York, erschienen bei List, verknüpft der französische Autor Adrien Bosc die Geschichte des berühmtesten Flugzeugs der Nachkriegszeit mit den Lebensgeschichten der Reisenden. Eine Hommage an die Ära des Hollywood-Kinos und des französischen Chansons.

Am Abend des 27. Oktober 1949 hebt die neue Lockheed Constellation in Paris Richtung New York ab. Unter den 48 Passagieren: Marcel Cerdan, französischer Boxchampion und Geliebter von Édith Piaf, die berühmte Violinvirtuosin Ginette Neveu und Disney-Manager Kay Kamen. Die Laune an Bord ist glänzend, während die Stewardess Lammragout, Macarons und Champagner serviert. Doch plötzlich reißt über den Azoren der Funkkontakt ab, Suchflugzeuge steigen auf, bis man die Constellation findet – zerschellt am Monte Redondo. 

Der Autor hat für dieses Werk sehr gut recherchiert und einige überraschende Biographien ausgegraben.  War zwar das Fliegen zu jener Zeit ein Luxus, so hat sich auf diesem Flug die ganze Welt getroffen. Neben den Celebrities gab es auch fünf baskische Hirten, die im Wilden Westen ihr Glück suchen wollten, ein Mann, der sich mit seiner Frau versöhnen wollte, eine junge Französin, die sich gerade von einem Unfall erholt hatte oder eine Arbeiterin aus Mülhausen, die zum ersten Mal ein Flugzeug bestieg, eingeladen von ihrer zur Millionärin gewordenen Patentante.  Das fast Banale verwandelt sich in Schicksal. Mit der Gründung zweier Zeitschriften, Feuilleton, die die Crème der literarischen Reportage darstellt und Desports, ein bemerkenswertes Schaufenster der Sportliteratur, hat der Autor bereits seine Neugier und den Appetit gezeigt, die man in diesem Roman wiederfindet. Wie ein Gerichtsmediziner achtet er auf das kleinste Indiz, sucht in den Trümmern, hebt die Toten an und stellt die Schäden fest. Dann näht er sie einfach jedoch auf filigrane Weise wieder zu und verfährt insgesamt gemäss der seinerzeit von Diderot erlassenen Berichtsregel: Woher kamen sie? Wohin gingen sie? Wer waren sie?

Adrien Bosc, 1986 in Avignon geboren, hat an der Pariser Universität Sorbonne studiert und drei Masterabschlüsse, u.a. in Verlagswesen. Mit 25 gründete er den Verlag Éditions du Sous-Sol, in dem die Literaturzeitschrift Feuilleton und die Sportzeitschrift Desports erscheinen. Morgen früh in New York, sein erster Roman, wurde in den französischen Medien begeistert besprochen und mit dem Grand Prix de l'Académie Française und dem Prix littéraire de la Vocation ausgezeichnet.

Morgen früh in New York von Adrien Bosc ist bei List erschienen. 
(JK 06/16)

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