Mit beißendem Humor und Sprachwitz verstörte und
verzückte Edward Albee die Theaterwelt gleichermaßen, sein Meisterstück Who's
afraid of Virginia Woolf? bleibt unvergessen. Am 16. September verstarb der
größte amerikanische Dramatiker seiner Generation im Alter von 88 Jahren.
In über 30 Stücken
rüttelte Albee an den Säulen der amerikanischen Kultur wie Eheverständnis, die
Kindererziehung, Religion und das komfortable Leben der Oberschicht. Dabei ging
er mit scharfzüngigem Humor und bissigem Wortwitz vor, die auf eine tiefere
Bedeutung hindeuteten. Das Publikum forderte er so heraus, althergebrachte
Vorstellungen von Gesellschaft und der Theaterwelt zu hinterfragen.
Es war sein Werk Who's afraid of Virginia Woolf, das Albee
nach der Broadway-Premiere im Jahr 1962 den Ruf als größter Dramatiker seiner
Generation einbrachte. Es handelt von einem nächtlichen Trinkgelage eines
Professors mittleren Alters und seiner Frau, die sich im Beisein eines jüngeren
Paares zerstreiten und Lebenslügen zerplatzen lassen. Das Stück bekam 1963 mit
einem Tony-Award, die renommierteste Ehrung der amerikanischen Theaterwelt.
Auch Hollywood wurde aufmerksam: Eine Filmadaption von 1966 mit Elizabeth
Taylor und Richard Burton in den Hauptrollen gewann fünf Oscars.
Albees unorthodoxer Stil
bescherte ihm zwar viel Applaus, aber führte auch zu einer fast 20-jährigen
Durststrecke öffentlicher Anerkennung, die erst mit dem Stück Three Tall
Women aus dem Jahr 1994 ein Ende fand. Das Werk brachte ihm seinen dritten
Pulitzer-Preis in der Kategorie Theater ein, die zwei vorangegangenen
Auszeichnungen bekam er für A Delicate Balance von 1967 und Seascape
von 1975. Nach dem Erfolg von Three Tall Women realisierte er mehrere groß
angelegte Werke, darunter The Play About the Baby und The Goat or Who
Is Sylvia. Letzteres Stück brachte ihm 2002 seinen zweiten Tony-Preis ein.
Nach dem Tod von Arthur Miller und August Wilson im Jahr 2005 galt Albee vielen
Experten als größter lebender Dramatiker der USA. In einem Interview von 2008
gab sich Albee bescheiden. „Es ist nur eine Marotte des Hirns, die aus einem
einen Dramatiker macht“, sagte er. „Ich habe die gleichen Erfahrungen wie jeder
andere, doch...habe ich das Bedürfnis, viel von dem, das mir widerfährt und mir
durch den Kopf geht, in ein Stück zu übersetzen.“
Albee wurde im Jahr 1928
im Staat Virginia geboren und von einem reichen Ehepaar aus einem New Yorker
Vorort adoptiert. Von seinen Eltern entfremdete sich Albee jedoch später und
zog nach New York, wo er zunächst als Kurier arbeitete, ehe sein Stück The
Zoo Story über zwei Fremde und ihr Kennenlernen auf einer Bank im Central
Park 1958 Wellen schlug.
(JK 09/16)
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