Jeanette Winterson: Der weite Raum der Zeit (Knaus)

Um blinde Eifersucht und zerstörerischen Zorn geht es in Jeanette Wintersons neuen Roman Der weite Raum der Zeit, der bei Knaus erschienen ist. Doch die Zeit heilt alle Wunden. Jeanette Winterson spielt souverän mit Figuren und Handlung aus Shakespeares Das Wintermärchen und erzählt eine verblüffend moderne Geschichte über rasende Eifersucht, blinden Selbsthass und die tiefe Sehnsucht in uns, die Fehler der Vergangenheit wieder gut zu machen.

Der Londoner Investmentbanker Leo verdächtigt seine schwangere Frau MiMi, ihn mit seinem Jugendfreund Xeno zu betrügen. In rasender Eifersucht und blind gegenüber allen gegenteiligen Beweisen verstößt er MiMi und seine neugeborene Tochter Perdita. Durch einen glücklichen Zufall findet der Barpianist Shep das Baby und nimmt es mit nach Hause. Jahre später verliebt sich das Mädchen in einen jungen Mann – Xenos einzigen Sohn. Zusammen machen sie sich auf, das Rätsel ihrer Herkunft zu lösen und alte Wunden zu heilen, damit der Bann der Vergangenheit endlich gebrochen wird.

Shakespeares Das Wintermärchen erzählt die Geschichte des Findelkindes Perdita. „Wir alle haben Texte, die wir wie Glücksbringer in uns tragen und die uns tragen. Seit Jahren kreist meine Arbeit immer wieder um dieses Stück“, sagte  Jeanette Winterson. Nun erzählt sie ihre eigene Version von Shakespeares Klassiker. Es ist der erste Band einer Reihe von Nacherzählungen der Werke Shakespeares, die zu seinem 400. Todestag beauftragt wurden und bei Knaus in der Hogarth Shakespeare Reihe erscheinen. Das schon 1623 erschienene Stück scheint auch heute noch aktuell und man kommt darauf zurück, nicht weil es Antworten gibt, sondern weil es Fragen aufwirft, auf die man auch heute Antworten finden muss. Der weite Raum der Zeit ist Wintersons Antwort, und es ist eine gute: zwingend, unterhaltsam und elegant. Shakespeares Schauspiel umfasst alle möglichen Antworten, so dass man annehmen kann, dass auch von heute an in 400 Jahren es noch Menschen geben wird, die sich das Schauspiel ansehen und lesen werden.

Jeanette Winterson, geboren 1959, hat bereits zahlreiche Romane sowie Sach- und Kinderbücher veröffentlicht. Sie gilt als eine der profiliertesten Autorinnen und Feministinnen Großbritanniens. Sie wuchs in Manchester auf, wo ihre Adoptiveltern der Pfingstbewegung angehörten und sie streng erzogen. Über diese Erfahrung schrieb Winterson in ihrem ersten Roman Orangen sind nicht die einzige Frucht und 27 Jahre später in Warum glücklich statt einfach nur normal?. Beide Bücher wurden zu Bestsellern.

Der weite Raum der Zeit  von Jeanette Winterson ist bei Knaus erschienen. 
(JK 08/16)

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