Museum
für Völkerkunde
Donnerstag, 20.04.2017 jeweils 18.00 und 20.00 Uhr
Rothenbaumchaussee 64, Hamburg
Eintritt: 9 / 15 Euro
Vom Reisen als praktische
Philosophie: Sie sind beide weit herumgekommen in der Welt. Matthias Politycki
gilt als Weltreisender unter den deutschen Schriftstellern, seine Romane
spielen in Japan, an der Seidenstraße, auf Kuba, und auch in seinen Gedichten
ist die weite Welt allgegenwärtig, ob im Asahi-Blues
oder in einer Ballade auf seine Wanderschuhe, die ihn auch schon mal auf den
falschen Gipfel führten. Ebenfalls gut zu Fuß ist der Reisefotograf und Autor
Achill Moser, er hat 25 Wüsten durchquert, in seinem Buch Das Glück der Weite erzählt er davon. Auf den Spuren von Don
Quijote ist Moser zudem durch Kastilien gewandert – das Gehen gilt ihm als eine
Form der Glückssuche, wie er in seinem Buch Zu
Fuß hält die Seele Schritt (Hoffmann und Campe) berichtet. Was ihn mit
Matthias Politycki verbindet, mit dem er gemeinsam im Museum für Völkerkunde in
einer Multivisionsshow Das Abenteuer
hinterm Horizont vorstellen wird, ist, dass ihm das Reisen als praktische
Philosophie gilt.
„Den Wert
einer Reise“, schreibt Matthias Politycki in seinem in diesem Frühjahr neu erschienenen
Buch Schrecklich schön und weit und wild
(Hoffmann und Campe), in dem er davon erzählt „warum wir reisen und was wir
dabei denken“, „bemesse ich nicht nach ihrem Schwierigkeitsgrad, ihrer Exotik
oder sonstigen Rahmenbedingungen, sondern nach den Erkenntnissen, die auf den
Wegen der Neugier als Stolpersteine lagen.“ Eine dieser Erkenntnisse bildet nun
das Auftaktkapitel zu seinem vielschichtigen Reisebuch, das unter dem Titel Mein Abschied vom Reisen zuerst die
Standortbestimmung einer Generation in der Gegenwart vornimmt, deren kleinster
gemeinsamer Nenner es einmal war, dass es sich lohnt, die Welt zu bereisen. In
einer Art literarischem Logbuch und Erfahrungsbericht zugleich vermisst
Politycki dann die globalisierte Welt, in der die fernsten Ziele scheinbar vor
der Tür liegen, angefangen bei der Landkartenlust
über die Mär vom leichten Gepäck, das
Netto Erlebnis, den Tourplan, die plötzliche Wucht des Schönen und Tops und Flops. Dass es ihm nie ums „Länder abhaken“ geht, wird
besonders dann deutlich, wenn Politycki von den unerwarteten Erlebnissen
unterwegs erzählt, ob an einem „schrecklich schönen Tag“ vor der Küste von
North Carolina oder bei einer Wanderung in den „Müllbergen“ von Kalkutta, die
zu den „letzten weißen Flecken auf der Landkarte“ gehören. Vielleicht hätte
Politycki ausgerechnet davon nicht erzählen sollen – man sieht schon
Heerscharen von Backpackern nach Kolkata Dhapa und zur „Mutter aller Müllberge“
pilgern.
Die
Poesie der Hörigkeit von Matthias
Politycki und Zu Fuß hält die Seele
Schritt von Achill Moser sind bei Hoffmann und Campe erschienen.
Eine
Veranstaltung der Buchhandlung Heymann.
(JK 04/17)
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