Anne Tyler: Die störrische Braut (Knaus)

Anne Tylers Roman Die störrische Braut, erschienen bei Knaus, ist eine Komödie um eine moderne Frau, die nicht gezähmt, sondern überzeugt werden will. Eine herrlich turbulente Komödie um einen manipulativen Vater, eine sich heftig zur Wehr setzende Tochter und einen Bräutigam, in den sich die Braut wider Willen zu guter Letzt doch noch verliebt. Das Buch ist  der dritte Teil einer Reihe von Neuerzählungen der Werke Shakespeares, die zu seinem 400. Todestag bei namhaften Autoren beauftragt wurden und bei Knaus in der Hogarth Shakespeare Reihe erscheinen.

Kate Battista ist frustriert. Wie kommt es eigentlich, dass sie ihrem exzentrischen Vater brav den Haushalt führt und sich um ihre jüngere Schwester Bunny kümmert, die nur Flausen im Kopf hat? Auch in ihrem Kindergartenjob gibt es immer nur Ärger. Professor Battista hat andere Sorgen. Seit Jahrzehnten widmet er sich beharrlich seiner Forschungsarbeit, nun steht er kurz vor dem Durchbruch. Wenn, ja wenn sein brillanter Assistent Pjotr nicht des Landes verwiesen wird. Die Aufenthaltsgenehmigung des Weißrussen läuft bald ab. Als Professor Battista einen Plan ausheckt, um Pjotr in Amerika zu halten, verlässt er sich wie immer auf seine ältere Tochter. Doch Kate sieht rot – und Pjotrs tollpatschiges Werben um ihre Gunst macht die Sache erst einmal auch nicht besser.

Die Frage, warum das wegen seiner Frauenverachtung bereits zu Shakespeares Zeit umstrittene Stück Der Widerspenstigen Zähmung immer noch so beliebt ist (Kiss me Kate; 10 Dinge, die ich an Dir hasse), beschäftigt Anne Tyler schon lange: „Katharinas Verwandlung von einer selbstbewussten jungen Frau in eine lammfromme Ehegattin muss doch einen tieferen Grund haben. Den wollte ich herausfinden und die Geschichte neu erzählen.“ Dabei hat Anne Tyler mit dieser Shakespeare-Vorlage einen mühevollen Job übernommen, denn vieles im Original hat Shakespeare äußerst unplausibel geschrieben. Die Frage war, ob Anne Tyler diese entfernt, akzeptiert oder sogar versucht zu erklären. Das Ergebnis ist eher ein Mix aus allen drei Möglichkeiten. Anne Tyler besitzt jedoch eine große Fülle an Talenten und der Roman überrascht mit zufälligen Freuden. Die stellen sich nämlich dann ein, wenn sie ihre halbherzigen Versuche verlässt, mit Shakespeare zu kämpfen und sich auf das konzentriert, was ihren Erfolg bisher ausmachte: das Gewirr von Beziehungen innerhalb einer großen Familie, nie endende Rivalität unter Geschwistern, die Verrücktheit kleiner Kinder. So werden in ihrem Roman nicht unbedingt die Widerspenstigen gezähmt, sondern eher das unentschlossene Grundprinzip des Altmeisters in seiner Vorlage treffend in unsere Zeit gebracht. Dabei gelingt es ihr, mit ihrem flüssigen und unterhaltsamen Schreibstil etwas Verträumtes einzubringen, und versteht das Banale und Alltägliche einer Familie zu etwas Außergewöhnlichem zu machen. 

Anne Tyler, Jahrgang 1941, hat zahlreiche Bestseller geschrieben, von denen mehrere verfilmt wurden. Ihr zuletzt erschienener Roman Der leuchtend blaue Faden war für den Baileys Women’s Prize for Fiction sowie den Man Booker Prize 2015 nominiert. 

Die störrische Braut von Anne Tyler ist bei Knaus erschienen. 
(JK 01/17)

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