Anfang 1945: Sie drehen
einen Film vom glücklichen Kriegsende. Obwohl der Abspann längst läuft. Bernd
Schroeders neuer Roman Warten auf Goebbels ist bei Hanser erschienen.
Anfang 1945, Berlin steht
in Flammen. Doch die UFA dreht einen Film über den Tag, an dem der Führer mit
seinem Volk den Sieg feiern wird. Ein Motorrad saust durch schöne Kulissen, der
Vater zeigt seinem Sohn, wofür er in Russland gekämpft hat. Noch einmal wird
den Deutschen Mut gemacht, Mut im letzten Augenblick. Während der 2. Weltkrieg
auf sein Ende zu tobt, spielen berühmte Schauspielerinnen und ehrgeizige
Statisten, schwule Stars und diktatorische Regisseure immer weiter. Und das
Schlimmste: Goebbels spielt Goebbels. Das Warten beginnt.
Bernd Schroeders
verblüffender Roman bringt das Lächerliche und das Grauenvolle zusammen, er
spiegelt die große Katastrophe in einem grotesken Endspiel. Dabei gibt
Schroeder dem Humor reichlich Platz, dem man sich trotz der bekannten Dramatik
nicht entziehen kann. Wie es so halt am Set zugeht: Es wird gezickt,
hintertrieben, geschmollt und protestiert. Auf ca. 240 Seiten und in kurzen
Kapiteln gehalten, schafft es Schroeder, alle handelnden Personen auszuleuchten.
Durch biographische Details werden sie lebendig. Er stellt die Ereignisse differenziert
dar und durch das Wechseln zwischen realen Szenen und solchen aus dem Film wird
die Absurdität des Ganzen, Oberflächlichkeit in einer zutiefst ernsten Situation,
greifbar. Ein gelungener Roman, der aus einer völlig neuen Perspektive die
Endzeitstimmung der Naziherrschaft einfängt.
Bernd Schroeder, geboren
1944 im heute tschechischen Aussig, wuchs im oberbayerischen Fürholzen auf. Er
lebt in Berlin. Als Autor und Regisseur zahlreicher Hör- und Fernsehspiele
erhielt er 1985 den Adolf-Grimme-Preis und 1992 den Deutschen Filmpreis.
Warten auf Goebbels von Bernd Schroeder ist bei Hanser
erschienen.
(JK 05/17)
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