Die aus Kamerun stammende
Autorin Imbolo Mbue wird als die große neue Stimme aus den USA angekündigt. Ihr
Debütroman Das geträumte Land ist bei Kiepenheuer & Witsch
erschienen. Imbolo Mbues hochgelobtes Debüt erzählt die unvergessliche
Geschichte zweier Familien unterschiedlicher Herkunft, die in New York kurz vor
der Bankenkrise aufeinandertreffen. Die Lehman-Brothers-Pleite bringt nicht nur
ihr Leben, sondern auch ihr Wertesystem gehörig durcheinander.
Jende Jonga hat es
endlich geschafft, seine Frau und seinen kleinen Sohn aus Kamerun nach Amerika
zu holen. Das Glück scheint komplett, als Jende den Job als Chauffeur von Clark
Edwards, einem Manager der Lehmann Brothers Bank, ergattert. Und Mrs Edwards
engagiert Jendes Frau sogar als Haus- und Kindermädchen in ihrem Sommerhaus in
den Hamptons. Die beiden Familien könnten unterschiedlicher nicht sein und
wollen doch dasselbe: ihren Kindern eine gute Zukunft bieten. Allerdings ist
das Leben der Bankerfamilie längst nicht so perfekt und glamourös, wie es
zunächst scheint. Als Lehman Brothers pleitegeht, ist die Fassade nicht mehr
aufrechtzuerhalten. Die Jongas versuchen verzweifelt, Jendes Job zu retten –
auch um den Preis ihrer Ehe. Das Leben der beiden Paare wird dramatisch auf den
Kopf gestellt und Jende sieht sich gezwungen, eine unmögliche Entscheidung zu
treffen.
Die Washington Post hat
Imbolo Mbues Buch als den Roman bezeichnet, den Donald Trump lesen müsste. Die
Hauptfiguren kommen aus Kamerun in den USA an, kurz bevor Obama als erster
schwarzer Präsident eingeschworen wird. Mbues Protagonisten ergänzen sich
gegenseitig, ihr Pragmatismus mit seiner Naivität, sein Heimweh mit ihrem
Ehrgeiz. Weniger maßvoll sind dagegen ihr Gegenstück, die narzisstischen Arbeitgeber
Clark und Cindy Edwards. Ihr seelischer
und ehelicher Zusammenbruch ist fast vorherbestimmt. Mbue setzt deren
häusliches Drama in Gegensatz zur drohenden Deportation der Jongas und liefert
dabei eine Satire von ungewöhnlicher Subtilität. Mbue ist eine gescheite und
fesselnde Erzählerin, die ihre eigene Stimme mit dem Tenor der Gedanken und
Reden ihrer Figuren verschmilzt. Sie kann die Naivität ihrer Figuren genießen,
ohne sie dem Spott preiszugeben und weckt
Sympathien beim Leser. Der Roman barg das Risiko einer abgedroschenen Handlung
mit den edlen Immigranten und korrupten, satten Superreichen. Doch Mbue gelingt
mit ihrem Roman etwas Frisches und Erstaunliches. Trotz ihres glänzenden Reichtums
sind die Edwards keine schlechten Menschen, auch wenn sie bisweilen abgestumpft
und mit sich selbst beschäftigt sind. Im Mittelpunkt stehen Jende und seine
Frau, hart arbeitende Menschen, die alles an den USA lieben, das Synonym des
Glücks auf Erden – so sehr dass es beim Lesen manchmal schmerzt, aber gerade
das ist Mbues Clou. Mbue bietet faszinierende Einblicke in Familie,
Immigration, Heimat und Gesellschaft vor dem Hintergrund der Lehmann Krise.
Imbolo Mbue ist in Limbe,
Kamerun, aufgewachsen. Sie hat an der Rutgers University und der Columbia
University studiert. Die Autorin, die seit über zehn Jahren in den USA lebt,
wohnt in New York.
Das geträumte Land von Imbolo Mbue ist bei Kiepenheuer
& Witsch erschienen.
(JK 05/17)
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