Haus 73
Dienstag, 20.06.2017
20.30 Uhr
Schulterblatt 73, Hamburg
Eintritt: 6 / 10 Euro
Schwanenwik goes Schulterblatt: Mit
17 kann man noch hoffen? Lena Gorelik und Jan Schomburg lesen aus ihren neuen
Romanen. Antje Flemming moderiert.
Glaubt man der Popmusik,
gibt es kein süßeres Alter als 17: Träume, Hoffnung, blondes Haar, Summernights – alles
superfein. Es werden zwei Romane vorgestellt, die just aus dem Schwellenjahr
wunderbare Literatur machen.
In Lena Goreliks Roman Mehr Schwarz als Lila, erschienen bei
Rowohlt Berlin, geht es um Alex, die zwischen Forsch- und Genervtheit
balanciert und deren allerbeste Freunde Paul und Ratte heißen.
Mit siebzehn ist das Leben
kompliziert. Alex trägt lieber Schwarz als Lila, ihr Vater schweigt die meiste
Zeit, und ein Papagei soll ihr die Mutter ersetzen. Die besondere Freundschaft
mit Paul und Ratte ist das, was Alex an ihrem Leben liebt. Paul liest Seneca,
und auf dem Mofa wehen Rattes Rastas im Wind. Die gefühlte Eintönigkeit lassen
die drei in Mutspielen hinter sich, bei denen es keine Grenzen gibt. Und dann
taucht Johnny Spitzing auf, der junge Referendar, den sogar Alex gut findet.
Auf der Klassenfahrt nach Polen jedoch macht Johnny ihr klar, dass sie nur
seine Schülerin ist; Ratte, die sich verliebt hat, entfernt sich; und ihr bleibt
nur noch Paul, den Alex, von tausend Gefühlen überrannt, küsst – am
unpassendsten Ort der Welt, in Auschwitz. Jemand fotografiert, das Bild
geistert durchs Netz, und plötzlich reden alle über Alex und die Jugend von
heute, der Papagei entfliegt, Paul verschwindet, und Alex erkennt: „Das ist
jetzt mein Film, und das Leben muss ich ganz alleine steuern.“
Lena Gorelik erzählt von
einer überforderten Siebzehnjährigen, die der Welt mit Witz und einer Spur
notwendigem Stolz gegenübertritt. Wie nebenher wirft sie Fragen auf – wie kann
man Erinnerung vermitteln, wie frei kann man sein? Vor allem aber geht es ums
Erwachsenwerden und um die Bilder, die wir von uns selbst und anderen haben.
Ein packender, jugendlich glühender Roman für jüngere wie für erwachsene Leser.
Lena Gorelik, 1981 in St.
Petersburg geboren, kam 1992 mit ihrer Familie nach Deutschland. Mit ihrem
Debütroman Meine weißen Nächte (2004)
wurde sie als Entdeckung gefeiert, mit Hochzeit
in Jerusalem (2007) war sie für den Deutschen Buchpreis nominiert. Ihr
Roman Die Listensammlerin (2013)
wurde mit dem Buchpreis der Stiftung Ravensburger Verlag ausgezeichnet. 2015
erschien Null bis unendlich, die Welt
am Sonntag schrieb: „Ein starkes, ein emotionales Buch, das durch seine
reduzierte Sprache große Gefühle offenlegt.“
Mehr Schwarz als Lila von Lena Gorelik ist bei Rowohlt Berlin erschienen.
Apropos Film: Eine
Dreierkonstellation entwirft auch Drehbuchautor Jan Schomburg in seinem ersten
Roman Das Licht und die Geräusche,
der bei dtv erschienen ist.
Es ist Johanna schleierhaft,
warum sie und Boris kein Paar sind. Klar, eigentlich ist Boris mit Ana-Clara
zusammen, aber die ist weit weg in Portugal, während Johanna und Boris jede
freie Minute miteinander verbringen und über alles reden, außer darüber, warum
sie sich noch nicht geküsst haben. Johanna versteht das nicht, und das nervt
sie. Und sie will auch verstehen, warum Marcel sich auf der Klassenfahrt nach
Barcelona einen Mitschüler wie einen Knecht hält, warum Boris die ganze Zeit kichern
muss, während ihn vier Typen auf der Tanzfläche eines Clubs zusammenschlagen
wollen, und warum er nach dieser Nacht am See plötzlich verschwunden ist.
Gemeinsam mit Ana-Clara und Boris’ Eltern sucht Johanna in Island nach Boris
und findet heraus, dass viele Dinge ihr Wesen verändern, je länger man sie
betrachtet. Und dass Ana-Claras Augen doch nicht so ausdruckslos sind, wie sie
immer gedacht hat.
Man folgt Johanna und ihrer
unverstellt ehrlichen Sicht auf sich und ihre Umwelt voller Empathie und Zuneigung.
Pointiert, mit zartem Witz und dem sicheren Gespür für die Leichtigkeit in
schweren Themen erzählt Jan Schomburg von drei jungen Menschen und ihren
Versuchen zu erkennen, wie das eigentlich überhaupt gehen soll: leben.
Johannas bester Freund Boris
ist seltsamerweise mit Ana-Clara zusammen, die sich für rein gar nichts
interessiert und noch dazu in Portugal lebt. Nach einer Schlägerei verschwindet
Boris. Es gibt einen Abschiedsbrief, und die beiden jungen Frauen müssen sehen,
wie sie klarkommen, mit diesem Leben.
Die ewige Expertin für
17-Jährige, Helene Hegemann, befindet: „Das Buch ist unaufgeregt, besonders,
wirklich zeitgemäß.“ Die taz ergänzt: „PubertistInnen und ratlose Eltern“
sollten es lesen.
Jan Schomburg ist
Filmregisseur, Drehbuchautor und Schriftsteller. Er schrieb und inszenierte
u.a. die vielfach preisgekrönten Kinofilme Über
uns das All (2011) und Vergiss mein
Ich (2013). Zu dem Film Vor der
Morgenröte (2016) schrieb er gemeinsam mit Maria Schrader das Drehbuch. Das Licht und die Geräusche ist sein
erster Roman.
Das Licht und die Geräusche von Jan Schomburg ist bei dtv erschienen.
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