Frankreich – Ehrengast 2017 der
Frankfurter Buchmesse
Catherine
Millet gilt in Frankreich als eine der wichtigsten Kunstkritikerinnen, ihre
Fachbücher und Essays sind maßgebliche Beiträge zur Kulturgeschichte. Catherine Millet rekapituliert mit äußerster
Präzision die Entwicklung ihrer Wahrnehmung, ihrer Gefühle und ihres
Bewusstseins und spiegelt so anhand scharf beobachteter und packend erzählter
Episoden, wie sich ihre Persönlichkeit bildete. Offen und frei spricht sie von
der Einsamkeit, den diffusen Schuld- und Schamgefühlen, den Ängsten eines
jungen Menschen, der seine eigene Familie als „Glutofen der Hölle“ empfindet
und sich nicht anders zu helfen weiß, als auf dem Schulhof das alltägliche
Elend der Eltern in ausgeschmückten Schilderungen noch einmal zuzuspitzen, um
den gesellschaftlichen Makel in Stoff für exklusive Geschichten zu verkehren.
Mit
der zärtlichen Stimme einer sensiblen Seherin und einer humorvollen und
zugleich dem Ziel einer beobachtenden Objektivität folgenden Darstellung
sozialer Abgründe eröffnet Catherine Millet dem Leser Einblicke in die Rätsel
der Seele und zitiert wie nebenbei eine Fülle zeitgeschichtlicher Impressionen.
Fotografisch genau erinnerte Details fügen sich zu einem Milieu- und
Epochenbild, das die Autorin mit hohem Unterhaltungswert zu zeichnen versteht. Wer
den Blick mit Millet auf seine eigene Kindheit zurücklenkt, wird in vielen der
hier geschilderten Erfahrungen seine eigenen wiedererkennen und herausgefordert
sein, sie besser zu verstehen.
Catherine
Millet wurde 1948 in Bois-Colombes geboren und ist Gründerin und
Chefredakteurin der Kunstzeitschrift artpress. Sie ist Autorin zahlreicher
Werke zur Kunstwissenschaft und gilt als herausragende Expertin für moderne
Kunst. Ihr Buch Das sexuelle Leben der Catherine M. wurde in 33 Sprachen
übersetzt und erreichte Millionenauflagen. Zuletzt erschien ihr
autobiografischer Roman Eifersucht. Sie lebt mit ihrem Ehemann Jacques
Henric in Paris.
Traumhafte Kindheit von Catherine Millet ist bei Secession
erschienen.
(JK 08/17)
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