Buchhandlung
Lüders
Donnerstag, 22.11.2018 20.00
Uhr
Heußweg 33, Hamburg
Eintritt: 8 Euro
Steven Uhly stellt seinen Roman Den blinden
Göttern vor, der bei Secession erschienen ist.
Wird hier ein Krimi
erzählt, ist es ein Roman oder die fintenreiche Recherche auf den Spuren eines
literarischen Meisterwerks? Steven Uhly, der mit Den blinden Göttern
seinen sechsten Roman vorlegt, versteht es glänzend, Verwirrung zu stiften,
unsere Einbildungskraft zu beflügeln, und es gelingt ihm, seine Leser dabei
auch noch gut zu unterhalten. Was ist Dichtung und was Wahrheit, das ist hier
die Frage, die am Ende mit der Behauptung, dass das Leben „nichts anderes“ sei
als „Verdunklung“ nur ausgehalten, aber nicht beantwortet werden kann. Steven
Uhly führt mit jeder möglichen Antwort auf eine weitere Fährte, die so richtig
wie falsch ist und erklärt damit die Wirklichkeit für seinen Roman meisterhaft
zu dem, was sie ja tatsächlich ist: ein Konstrukt.
Ein Stadtneurotiker und
Eigenbrötler, der als Buchhändler im familieneigenen Betrieb arbeitet, das ist
Friedrich Keller, sein Spezialgebiet: Lyrik. Wir begegnen ihm am Anfang des
Romans mit seiner Putzfrau Elvira, der einzigen Person, die sein Haus betritt.
Beim Putzen in seiner Bibliothek segelt ihr aus einem der Regale ein Blatt
Papier entgegen, das sie prompt an „Cherrr Federico“ weiterreicht. Auf dem
Blatt steht Den blinden Göttern und der Autorenname des Manuskripts in
seinem Regal: Radi Zeiler. Für Friedrich wird dieses Manuskript zum Buch der
Bücher, er liest es in den kommenden Jahren immer wieder. Überreicht hat es ihm
der Dichter Zeiler selbst und bleibt verschwunden, bis er eines Tages
verwahrlost und betrunken an Keller vorbei und in das Wirtshaus „Zum heißen
Sporn“ schwankt. Damit beginnt die radikale Dekonstruktion, die Uhly seinen
Helden erfahren lässt. Nichts ist mehr sicher in diesem „Schicksalspiel“, in
dem Keller bald schon selbst als verwahrloster Dichterfürst im Alkoholnebel am
Tresen aufwacht, sein gesamtes Leben wird zu einem Szenario ungewisser
Annahmen, die sogar den Vatermord und radikale Geschwisterrivalitäten
durchspielen. Was ihm bleibt, steht am Ende des Bandes, es ist eine Sammlung
von Gedichten, deren Autor nur als Schatten sichtbar wird: „Ich habe / meinen
inneren / Schatten gesehen / nur ganz kurz // als das Licht / der Wahrheit /
günstig fiel / und ich erkannte // wer ich / im Versuch / zu sein / geworden
war: // meine eigene / Verdunklung.“
Steven Uhly, geboren 1964
in Köln, ist deutsch-bengalischer Abstammung, dabei teilverwurzelt in der
spanischen Kultur. Er studierte Literatur, leitete ein Institut in Brasilien,
übersetzt Lyrik und Prosa aus dem Spanischen, Portugiesischen und Englischen.
Mit seiner Familie lebt er in München.
Den blinden Göttern von Steven Uhly ist bei Secession erschienen.
(JK 11/18)
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