Terézia Mora liest im Literaturhaus am Mittwoch, 11. September

Literaturhaus
Mittwoch, 11.09.2019  20.00 Uhr
Schwanenwik 38, Hamburg
Eintritt: 8 / 12 Euro

Balancieren lernen mit Darius Kopp: Terézia Mora liest aus ihrem Roman Auf dem Seil, der bei Luchterhand erschienen ist.

Schon mit ihrem 1999 erschienenen Debüt Seltsame Materie wurde Terézia Mora als Literaturstar begrüßt, hochgelobt und mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet. Heute gilt sie als eine der wichtigsten Stimmen der deutschen Gegenwartsliteratur, im letzten Jahr wurde ihr der Georg-Büchner-Preis zugesprochen, 2013 hat sie mit ihren letzten Roman Das Ungeheuer den Deutschen Buchpreis gewonnen. Es war der zweite Teil einer Trilogie, in der sie aus dem Leben des IT-Spezialisten Darius Kopp erzählt, die mit dem Band Der einzige Mann auf dem Kontinent 2009 eröffnet wurde. Damals war er ein korpulenter Mann Anfang vierzig, verheiratet, erfolgreich, gut situiert. In dem soeben neu erschienenen Roman Auf dem Seil ist Darius nun gerade 50 geworden, schlank und nach einer Odyssee durch Europa auf Sizilien gestrandet, wo ihn all das einholt, was er eigentlich für immer hinter sich lassen wollte.

Zum Abschluss gibt uns Terézia Mora auf der letzten Seite eine Bilanz mit auf den Weg: „Mein Lebenslauf besteht zum größeren Teil aus Untertreibungen und Angebereien, Lügen und Geheimnissen“, sagt Darius Kopp da von sich, und dass er „nur mäßig bitter“ sei, obwohl er durchaus Grund dazu haben könnte, sehr enttäuscht zu sein. Tatsächlich ist er fast ganz unten und noch nicht einmal dort richtig angekommen. Ein Traumtänzer, der den Balanceakt des Lebens so lange mit fest verschlossenen Augen übersteht, bis er sich im freien Fall befindet. Wir begegnen ihm auf Sizilien, dort hat er die Asche seiner Frau Flora auf dem Vesuv verstreut, nachdem er mit ihrer Urne durch halb Europa gereist ist. Drei Jahre sind seit ihrem Tod vergangen, er hat zu Hause in Berlin alles stehen und liegen lassen, den Kontakt zu Freunden und Familie abgebrochen, lebt als Fremdenführer und schließlich als Pizzabäcker in Catania und hält sich „an den schönen Momenten fest, dem Sonnenaufgang, dem Anblick des Bergs, der Olivenbäume“. Das geht, trotz fehlender Versicherungen und abgelaufenem Ausweis, so lange gut, bis seine 17-jährige Nichte auftaucht. Sie ist magersüchtig, schwanger, mittellos und braucht Hilfe. Also reist er mit ihr zurück nach Berlin, und muss dort zuerst einmal für den Scherbenhaufen bezahlen, den er vor Jahren angerichtet hat. Doch auch sonst läuft kaum es etwas rund, nur gut, dass dieser Darius Kopp viel Erfahrung im Ausbalancieren von schwierigsten Situationen hat. Nichts erscheint ihm dabei so wertvoll wie tägliche Routinen. Wenn ihn abends die Unruhe erfasst, dann geht er einfach „eine Runde um den Block“. Man zweifelt als Leser doch ein wenig daran, ob das wirklich hilft, aber man wünscht es ihm von ganzem Herzen.

Terézia Mora wurde 1971 in Sopron, Ungarn, geboren und lebt seit 1990 in Berlin. Terézia Mora zählt außerdem zu den renommiertesten Übersetzern aus dem Ungarischen.

Auf dem Seil von Terézia Mora ist bei Luchterhand erschienen.
(JK 09/19)

Keine Kommentare: