Er ist gewitzt,
liebenswert und unausstehlich: der 16-jährige Tiger, den seine Eltern mit einem
Mädchen verheiraten, das er noch nie gesehen hat. Wie er ist ganz Trinidad
Anfang der Vierzigerjahre im Aufbruch – plötzlich schlagen die Amerikaner auf
und ziehen einen Highway quer über die Insel. Also Schluss mit den
Gelegenheitsarbeiten. Raus aus den Bretterbuden. Auf in die Arme der
Amerikaner. Und dann?
Eine hellere Sonne ist ein karibischer Roman, in dessen strahlendem Licht Selvon eine
große Frage stellt: Wie baut man sich ein Leben auf, wenn man gar nichts hat –
nichts außer Mut und Witz.
Der bald siebzig Jahre
alte Roman hat nichts von seinem Charme eingebüßt. Anders als sein Landsmann
Naipaul schafft es Selvon einen Ton zu finden, der seine Liebe zu den Menschen
und dem Land genau trifft, weil man das Gefühl hat, dass er sich unter die
Menschen mischt, über die er schreibt; melancholisch, bisweilen zärtlich und
immer humorvoll. Er zeigt auf, wie der Protagonist aus seinen armen
Verhältnissen, eingebettet in die kulturelle Zugehörigkeit der indischstämmigen
Bevölkerung, herauskommt und die Fesseln der Tradition und ethnischer
Homogenität abstreift. Ein emanzipatorischer Bildungsroman eines Bekenntnisses
zu einer vielfältigen karibischen Identität.
Samuel Selvon, 1923 in
Trinidad geboren, schrieb erste Kurzgeschichten unter Pseudonymen wie Ack-Ack
und Big Buffer. 1950 ging er nach London und avancierte zu einer international
anerkannten literarischen Stimme. Mit seinem Roman Die Taugenichtse
schuf er einen ganz eigenen, neuen Sound. Er schrieb TV-Drehbücher für die BBC
und verließ London 1978 in Richtung Kanada. Er starb 1994 in Trinidad.
Eine hellere Sonne von Samuel Selvon ist bei dtv erschienen.
(JK 01/20)
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