Jorge Comensal: Verwandlungen (Rowohlt)

Ein beeindruckender Roman des mexikanischen Schriftstellers Jorge Comensal ist sein Debüt Verwandlungen.

Ramón hat alles, was man sich wünschen kann – Erfolg im Job, eine fürsorgliche Ehefrau, zwei aufgeweckte Kinder. Doch als er nach einer Operation seine Stimme verliert, ändert sich sein Leben. Die Familienmitglieder nutzen seine fatale Lage aus.

Ramón ist einsam und verzweifelt, keiner versteht ihn, bis die Haushälterin sein Leid nicht länger mitansehen kann und Abhilfe schafft. Sie kauft ihm einen Papagei. Benito ist auf dem Marktplatz groß geworden und hat dort drastische Schimpfwörter gelernt, die Ramón aus der Seele sprechen. In stummen Wutmonologen schüttet er seinerseits dem Papagei sein Herz über seine verlogenen Verwandten und Freunde aus. Es ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Auf überraschend leichte Weise geht der Autor mit der fatalen Diagnose Krebs in seinem Buch um. Er erspart zwar keinen tragischen und dramatischen Umstand dieser Krankheit, aber was er dabei zum Ausdruck bringt, ist neu und beeindruckend. Rechnet man mit einer Geschichte um Versöhnung und weiser Einsicht durch die fatale Krankheit, dreht der Autor den Spieß um und zeigt auf groteske Weise das Unvermögen der Versöhnung auf. Es ist ein Genuss, dem Autor auf diesem Weg durch die Geschichte zu folgen. Jorge Comensal rechnet auf höchst vergnügliche Weise mit einer Gesellschaft ab, in der nur Schönheit, Erfolg und Gesundheit zählen. Mit brillantem schwarzem Humor geschrieben, ein weiser, bitterböser und zugleich tröstlicher Roman über große Themen – Abschiednehmen, Leben und Tod, Wahrheit und Lüge, Verwandlungen und Gefühle, die bleiben.

Jorge Comensal wurde 1987 in Mexiko-Stadt geboren, wo er auch lebt. Er ist Doktorand an der philosophischen Fakultät der UNAM in Mexiko-Stadt, veröffentlichte bislang Essays und Beiträge in verschiedenen Zeitschriften. Verwandlungen ist sein erster Roman.

Verwandlungen von Jorge Comensal ist bei Rowohlt erschienen.
(JK 02/20)

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