Roman Ehrlich: Malé (S. Fischer)

Roman Ehrlichs Roman Malé ist auf der Longlist nominiert für den Deutschen Buchpreis 2020.

Alle Versuche, die Malediven vor dem steigenden Meeresspiegel zu retten, sind gescheitert, Pauschaltouristen haben sich neue Ziele gesucht, und der Großteil der Bevölkerung musste die Inseln verlassen. Gleichzeitig ist die heruntergekommene Hauptstadt Malé zum Ziel all jener geworden, die nach einer Alternative zum Leben in den gentrifizierten Städten des Westens suchen. Und so wird die Insel für die kurze Zeit bis zu ihrem Untergang zur Projektionsfläche für Aussteigerinnen, Abenteurer und Utopistinnen, zu einem Ort zwischen Euphorie und Albtraum, in dem neue Formen der Solidarität erprobt werden und Menschen unauffindbar verschwinden.

Mit Malé fängt Roman Ehrlich die komplexe Stimmungslage unserer Zeit ein und verwebt die Geschichten rund um die Sehnsüchte und das Scheitern seiner Figuren zu einem Abbild all der Widersprüche, die das Leben zu Beginn des 21. Jahrhunderts ausmachen.

Ein buntes Sammelsurium an Aussteigern versammelt Roman Ehrlich auf den Malediven. Konsumkritik und Tourismuskritik kommen in der postapokalyptischen Szenerie der ehemals Trauminseln auf. Dabei wahrt der Autor in seiner Sprache eine kühle Distanz zum Versinken der Inseln. Roman Ehrlich betreibt experimentelle Literatur, sperrig und schwer fassbar. Er baut damit eine Distanz zum Thema Klimakatastrophe, das in der Regel zu viel Pathos verleitet. Es verlangt vom Leser, dass er sich auf das Buch einlassen muss. Es ist nicht die leichte Freizeitlektüre, die der Titel suggeriert.

Roman Ehrlich, geboren 1983 in Aichach, aufgewachsen in Neuburg an der Donau, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und an der Freien Universität Berlin.

Malé von Roman Ehrlich ist bei S. Fischer erschienen.
(JK 11/20)

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