Alle Versuche, die
Malediven vor dem steigenden Meeresspiegel zu retten, sind gescheitert,
Pauschaltouristen haben sich neue Ziele gesucht, und der Großteil der Bevölkerung
musste die Inseln verlassen. Gleichzeitig ist die heruntergekommene Hauptstadt
Malé zum Ziel all jener geworden, die nach einer Alternative zum Leben in den
gentrifizierten Städten des Westens suchen. Und so wird die Insel für die kurze
Zeit bis zu ihrem Untergang zur Projektionsfläche für Aussteigerinnen,
Abenteurer und Utopistinnen, zu einem Ort zwischen Euphorie und Albtraum, in
dem neue Formen der Solidarität erprobt werden und Menschen unauffindbar
verschwinden.
Mit Malé fängt
Roman Ehrlich die komplexe Stimmungslage unserer Zeit ein und verwebt die
Geschichten rund um die Sehnsüchte und das Scheitern seiner Figuren zu einem
Abbild all der Widersprüche, die das Leben zu Beginn des 21. Jahrhunderts
ausmachen.
Ein
buntes Sammelsurium an Aussteigern versammelt Roman Ehrlich auf den Malediven. Konsumkritik
und Tourismuskritik kommen in der postapokalyptischen Szenerie der ehemals
Trauminseln auf. Dabei wahrt der Autor in seiner Sprache eine kühle Distanz zum
Versinken der Inseln. Roman Ehrlich betreibt experimentelle Literatur, sperrig
und schwer fassbar. Er baut damit eine Distanz zum Thema Klimakatastrophe, das
in der Regel zu viel Pathos verleitet. Es verlangt vom Leser, dass er sich auf
das Buch einlassen muss. Es ist nicht die leichte Freizeitlektüre, die der
Titel suggeriert.
Roman Ehrlich, geboren
1983 in Aichach, aufgewachsen in Neuburg an der Donau, studierte am Deutschen
Literaturinstitut Leipzig und an der Freien Universität Berlin.
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