An einem heißen Sommertag wird auf dem Frankfurter Hauptfriedhof der tödlich verunglückte Regisseur Max Hornung beerdigt. Nach seinem Umzug aus Frankfurt am Main lebte er in Potsdam. Von dort sind als Trauergäste angereist: Merle Johansson, eine zwielichtige Schönheit, mit ihrem kleinen Sohn Jesus, die eigenwillig verwahrlosten Zwillinge Heike und Arnold und ein paar Fernsehleute. Der Rußlanddeutsche Alexej, Novize eines russisch-orthodoxen Klosters, ist aus München gekommen… Was hatten sie alle mit Hornung zu schaffen?
Potsdam verfügt, abgesehen von dem Weltkulturerbe Sanssouci, über viele Plätze und Kneipen und einen doppelten Boden, was im wörtlichen Sinn zu verstehen ist: Unter dem Park von Sanssouci verläuft ein Tunnelsystem mit zahlreichen Räumen. Einige davon wurden offenbar für unchristliche Andachten und SM-Sitzungen verwendet. Jugendliche, die sich dort herumtreiben, tricksen die Erwachsenen aus – mit bedrohlichen Folgen.
Hat Hornung davon gewußt, der Westler, der die Potsdamer in seiner Fernsehserie „Oststadt“ so porträtierte, dass ein erbitterter Streit in der Stadt entbrannte, der sich schon bald ins Possenhafte überschlug? Wohl nicht, höchstens durch Vermittlung der Herumlungerer vor den Trinkbuden der Stadt – Champions der Bedürfnislosigkeit, auf die ein Platz im Himmel der Bergpredigt wartet. Was für sie abfällt, schnappen sie auf, um den Kosmos des Geredes zu mästen.
Wie in Wäldchestag seziert Andreas Maier in seinem neuen Roman Sanssouci komisch gewagt und ironisch verheerend die deutsche Gegenwartsgesellschaft, diesmal ein Zentrum ostdeutscher Provinz.
Andreas Maier wurde 1967 in Bad Nauheim geboren. Er studierte in Frankfurt am Main und lebte wechselweise in der Wetterau und in Südtirol. Andreas Maier wohnt heute in Frankfurt am Main. Beim Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2000 wurde Andreas Maier mit dem Ernst-Willner-Preis ausgezeichnet. Für sein literarisches Debüt Wäldchestag wurde ihm der Literaturförderpreis 2000 der Jürgen Ponto-Stiftung verliehen. Im Herbst 2000 erhielt er den ZDF-aspekte-Literaturpreis, 2003 den Clemens-Brentano-Preis und den ersten Mindener Candide-Preis. 2006 war Andreas Maier ein Jahr zu Gast in der Villa Massimo in Rom. Im selben Jahr hielt er die Frankfurter Poetikvorlesung. Maiers Werke liegen in zahlreichen Übersetzungen vor. Er ist ständiger Kolumnist der Wiener Zeitschrift Volltext.
(JK 04/09)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen