Donnerstag, 26.11.2009 19.00 Uhr
Schwanenwik 38, 22087 Hamburg
Eintritt: 6 – 10 Euro
Naja Marie Aidt liest aus aus ihrem Erzählband Süßigkeiten, der bei Luchterhand erschienen ist. Erling Jepsen liest aus seinem Roman Die Kunst im Chor zu weinen, der bei Suhrkamp erschienen ist. Katharina Schütz liest die deutschen Texte und Ulrich Sonnenberg moderiert.
Die Zerbrechlichkeit von Lebensentwürfen ist Thema in den Werken beider dänischer Autoren. Naja Marie Aidt beschäftigt sich in ihrem Kurzgeschichtenband Süßigkeiten, der mit dem Preis des Nordischen Rates ausgezeichnet wurde, mit Beziehungsgefügen, die von Unsicherheit, Ängsten, Lust und Einsamkeit geprägt sind. Diese Gefühle wallen auf, ebben ab, schaukeln sich wieder hoch in beinahe alltäglichen Szenarien. Oft verwandelt sich dabei eine belanglose Angelegenheit in eine Katastrophe. In der Erzählung Bunte Mischung löst ein vermeintlicher Ladendiebstahl von Süßigkeiten die komplette Entfremdung eines Paares aus. „Ich sah dich an, und einen Augenblick lang dachte ich, ich könnte dich nicht wieder erkennen.” Die Eindrücke, die Aidts reduzierte, nüchterne Beobachtungen beim Leser hinterlassen, sind folglich alles andere als süß und zuckrig.
Süßigkeiten von Naja Marie Aidt ist bei Luchterhand erschienen.
Erling Jepsens Roman Die Kunst im Chor zu weinen ist die Geschichte einer südjütländischen, kleinbürgerlichen Familie in den fünfziger Jahren, geschildert aus der Perspektive des elfjährigen Sohnes. Er findet für das Verhalten seiner Eltern und seiner Geschwister unbedarfte Erklärungen, die sein Harmoniebedürfnis stützen. „Wenn Vater eine gute Grabrede hält, dann haben ihn die Leute gern, und wenn die Leute ihn gern haben, dann hat er auch uns gern.” So ist der Sohn stets bemüht, den Vater tatkräftig in allem zu unterstützen, insbesondere in dessen Kernkompetenz, dem Halten von Grabreden. Mit seinen großen kindlichen Augen rührt er die Trauergemeinde zu Tränen. Doch die moralischen Vorstellungen geraten heftig ins Wanken, als sich Abgründe im Familienleben auftun. Faszinierend ist der Kontrast zwischen der kindlichen Erzählung, die vor Komik strotzt, und der Tragik, die sich dem erwachsenen Leser erschließt. Dieser bleibt gleichermaßen gerührt wie schockiert zurück. „Man amüsiert sich unweigerlich. Aber mit einem durchaus schlechten Gewissen”, schreibt die Tageszeitung Politiken.
Die Kunst im Chor zu weinen von Erling Jepsen ist bei Suhrkamp erschienen.
(JK 11/09)


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