Donnerstag, 5.11.2009 20.00 Uhr
Sievekingplatz 1, 20355 Hamburg
Eintritt: 9 Euro
Petros Markaris liest aus seinem Buch Die Kinderfrau, das bei Diogenes erschienen ist. Antje Flemming moderiert.
Oh, nein. So hatte sich Kommissar Kostas Charitos aus Athen seinen Urlaub gewiss nicht vorgestellt. Gemeinsam mit einer Anzahl geschwätziger Damen und besserwisserischer Herren trottet er durch Istanbul, um sich mit mittlerem Interesse den Schönheiten der Bosporus-Metropole zu widmen. Seine Frau Adriani hingegen ist binnen kurzer Zeit mit nahezu jedem Straßenhändler auf Du und Du. Die Stimmung zwischen den beiden ist ohnehin im Keller, weil Tochter Katerina ihrem Fanis ganz ohne göttlichen Segen das Jawort gegeben hat. Dabei hatte sich Kostas doch so gewünscht, sein Herzblatt mit Schleier und Brautstrauß in die Kirche führen zu dürfen. Die ganze Reise fällt also eher in die Kategorie Flucht. Und eigentlich ist der Sesamkringel-Liebhaber, der auch sonst alles vertilgt, was ihm an türkischen Köstlichkeiten in Sichtweite gerät, auch so gar kein Ferienliebhaber.
So trifft es sich ganz hervorragend, dass Charitos von all den Einkaufsbummeln, Touristenführungen und enttäuschenden Frühstückbuffets erlöst wird, da er der türkischen Kriminalpolizei helfen soll, eine greise Pontos-Griechin zu ergreifen, die in Istanbul einige alte Rechnungen zu begleichen hat. Ihre Mordwaffe: mit Pflanzenschutzmittel gewürzte Käsepitta. Doch die Suche nach dem 90-jährigen Racheengel gestaltet sich äußerst schwierig, ist die mörderische Alte doch cleverer, als die Polizei erlaubt. Das Misstrauen zwischen den türkischen und griechischen Beamten macht die Sache nicht gerade leichter. Erst als Kostas und sein in Deutschland aufgewachsener Kollege Murat Hand in Hand arbeiten, können sie schließlich Licht ins Dunkel bringen und die Motive des ehemaligen Kindermädchens Maria offen legen...
Petros Markaris taucht in seinem fünften Fall für Kostas Charitos, Die Kinderfrau, erschienen im Diogenes Verlag, tief ein in die türkisch-griechischen Spannungen und schreckt vor beißenden politischen Bemerkungen nicht zurück. Humorvoll und mit viel Verständnis für menschliche Schwächen zeichnet er seine Figuren und haucht den Charakteren rund um den knurrigen Kostas Charitos Lebensatem ein, ohne sie zu Stereotypen eines kulturellen Konflikts werden zu lassen. En passant liefert der Roman Hintergrundwissen über die Situation am Bosporus und zeichnet ein übersprudelndes Bild der Stadt am Goldenen Horn.
(JK 11/09)

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