Die Autorin Mian Mian stieg in China vom bösen Mädchen zur Kultfigur auf
Eine ganze Generation von jungen Mädchen wollte so sein wie die 29jährige Mian Mian; ausgelassen feiern, das Verbotene ausprobieren: freie Liebe, Alkohol, Drogen. Wo Mian Mian war, war die Untergrundkultur zuhause; eine Party wurde erst dann hipp, wenn sie auftauchte. Sie ist zum Kult, zur Lifestyle-Ikone geworden. Bis vor kurzem waren ihre Werke in China verboten. Ihr neuer Roman Panda Sex, der bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist, ist eigentlich gar kein Roman, sondern eine schlichte Aufzeichnung ihres Lebens in Schanghai. Dazu nahm die ausdauernde Partygängerin vor ein paar Jahren einen Minirekorder mit und zeichnete die teils belanglosen, teils tiefsinnigen Gespräche ihrer Freunde auf. Immer wieder geht es in den Gesprächen um Beziehungen und die wahre Liebe.
In Shanghai ist der Panda-Virus ausgebrochen: Sexmüde wie Pandabären sind die Figuren im neuen Roman von Mian Mian. Einst das „Bad Girl“ der chinesischen Literatur, deren Werke in ihrer Heimat zensiert wurden, beweist sich die international gefeierte Autorin mit ihrem neuen Roman als Avantgarde-Klassikerin.
Mian Mian war eine der ersten Schriftstellerinnen, die über die unbekannte Seite Chinas schrieb: über eine Jugend, die im Nachtleben ihr Glück sucht. Als „Königin der Subkultur“ und „Chinas begabteste Jungautorin“ feierte sie Der Spiegel. Die Party ist zwar nicht vorbei in Mian Mians neuem Buch. Aber doch hat sich etwas verändert, es ist, als sei das einst glitzernde, leuchtende Shanghai in Schwarzweißlicht getaucht. Panda Sex erzählt von einer Gruppe junger Leute um das Schwesternpaar Mei Mei und Jie Jie. Zwei Tage und Nächte lang durchstreifen sie die Shanghaier Party- und Clubszene und philosophieren dabei über die Liebe, Beziehungen, Geschlechterrollen und Sex. Gerade erst haben die Freunde ihren langjährigen Gefährten Little Beetle zu Grabe getragen. Dort, bei der Beerdigung, sollen sie sich infiziert haben mit dem Panda-Virus. Pandas haben nur zweimal im Jahr Sex. Den Figuren im Roman geht es ähnlich, sie suchen Nähe, sind süchtig nach echter Begegnung und können Sex doch nur mit Fremden haben. Kühn konstruiert, protokolliert Panda Sex die Gespräche der Freunde auf den Straßen Shanghais.
Mian Mian, geboren 1970, bürgerlich Sheng Wang, lebt und arbeitet in Shanghai. Im Alter von 16 Jahren begann sie zu schreiben. 1997 erschien ihr erstes Buch La la la, das ebenso wie ihr Roman Candy von den chinesischen Behörden zensiert wurde. Weitere Erzählungsbände folgten, sie kursierten ebenfalls in Raubkopien. Ihre Bücher wurden in sieben Sprachen übersetzt. 2002 wurde die Zensur gegen Mian Mians Bücher aufgehoben.
(JK 10/09)
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