Die Chronik eines verzweifelten, abgestürzten Banker
präsentiert uns der isländische Autor Guðmundur Óskarsson in seinem Roman
Bankster, der bei der Frankfurter Verlagsanstalt erschienen ist.
Es ist das Jahr 2008. Die Finanzkrise erschüttert
das isländische Bankwesen, Island steuert auf die Staatspleite zu. Ohne
vorherige Ankündigung verliert Markús über Nacht seinen Job bei einer Bank.
Völlig perplex angesichts der Tatsache, dass künftig der Verzehr von Foie Gras
bei Kerzenschein in ferne Vergangenheiten verbannt sein soll und dass 24
Stunden täglich ohne Arbeit bewältigt werden müssen, stürzt Markús in eine
schwere Lebenskrise. Seine Freundin Harpa verliert ebenfalls ihre Stelle als
Bankerin, nimmt aber sofort einen Job als Aushilfslehrerin an. Dass sie ihn
immer wieder vorsichtig auf seine Arbeitssuche anspricht, macht die Sache für
ihn nicht besser. Auch ein kurzer Ausflug in die aufkeimende isländische
Bürgerbewegung hilft nicht weiter. Markús klammert sich an sein Tagebuch, dem
er seine Beobachtungen zur Lage der Nation anvertraut. Er scheint sich in
seiner neuen Rolle zunehmend einzurichten. Doch Harpa hat ein Geheimnis, und
als sie ihn von einem Tag auf den anderen verlässt, wird sein Leben erneut auf
den Kopf gestellt. Banker und Gangster: Das Schicksal des Liebespaares Markús
und Harpa, die für die größten isländischen Banken arbeiten und beide während
der Wirtschaftskrise 2008 ihre Arbeit und Zukunft verlieren.
Guðmundur Óskarssons Roman ist in dem gesamten
europäischen Finanzdebakel hoch aktuell. Allerdings beschreibt er weniger die
Krise an sich und seine Folgen. Vielmehr beschreibt er die Mentalität – die
Profitgier und Egozentrik, die zu dieser Krise geführt hat. Dabei beschränkt er
sich interessanterweise nicht nur auf die Finanzwelt sondern überträgt diese
Geisteshaltung auch auf das Private. Das Erschreckende ist darüber hinaus, dass
man spürt, dass sich diese Geisteshaltung bei dem Protagonisten auch durch den
Absturz in der Krise nicht wirklich ändert. Man ahnt, dass es wieder von vorne
losgehen würde, sollte er die Möglichkeit haben. Guðmundur Óskarsson hat ein
eindringliches, intelligentes Porträt über einen geschrieben, der im System der
Finanzmärkte mitgemacht hat. Es ist ihm gelungen, auf kurzweilige unterhaltsame
Weise aufzuzeigen, wie diese Geisteshaltung letztlich zum Kollaps führte und
dass womöglich keiner der Akteure aus ihrem Handeln gelernt hat…
Als im Jahr 2008 die desaströse Krise über die
isländischen Banken hereinbrach, jobbte Guðmundur Óskarsson für die
Landsbankinn Islands und erlebte die Entwicklungen hautnah. Guðmundur Óskarsson
verleiht der internationalen Finanzkatastrophe eine literarische Stimme. In
seinem einzigartigen, lakonischen Roman verarbeitet der 1978 geborene
isländische Schriftsteller seine Erfahrungen und wurde von einer begeisterten
Leserschaft belohnt. Für Bankster
erhielt er den renommierten Isländischen Literaturpreis. Der Roman ist seine
dritte Buchveröffentlichung und erschien 2009 in Island.
Bankster von Guðmundur
Óskarsson ist bei der Frankfurter Verlagsanstalt erschienen.
(JK 10/11)
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