2. Abend des Debütantensalons mit Mirna Funk und Ursula Ackrill

7. Harbour Front Literaturfestival
Nochtspeicher
Sonntag, 13.09.2015   19.00 Uhr 
Bernhard-Nocht-Str. 69, 20359 Hamburg
Eintritt: 10  Euro

Debütantensalon, 2. Abend: Mirna Funk liest aus ihrem Roman Winternähe, der bei S. Fischer erschienen ist und Ursula Ackrill liest aus ihrem Roman  Zeiden, im Januar, der bei Wagenbach erschienen ist. Hans-Juergen Fink moderiert.

Ausgewählt aus über 40 Einsendungen, können an vier Abenden je zwei Autorinnen oder Autoren entdeckt werden, die ihre Debütromane vorstellen und sich um den mit 10.000 € dotierten Klaus-Michael Kühne-Preis bewerben. Eine Jury, bestehend aus Journalisten des Hamburger Abendblatts, von NDR Kultur, Spiegel Online, dem Stern und Zeit Campus, wird das beste literarische Debüt auswählen. Der Preis wird am 20.09. bei der Matinee mit Nora Bossong übergeben.

Mirna Funks Debütroman Winternähe ist ein Buch über die Gegenwart in unserem Land. Es erzählt vom Jüdisch-Sein in Deutschland und vom Krieg in Israel, und wie  beides miteinander zusammenhängt. Ihr Name ist Lola. Sie ist Deutsche. Sie ist Jüdin. Und die einzige, der ihr ein Hitlerbärtchen ins Gesicht malen darf, ist sie selbst. Sie hat genug davon, dass andere darüber bestimmen wollen, wer sie ist und wer nicht. Sie entscheidet, wovon sie sich verletzt fühlt und wovon nicht. Wer bestimmt darüber, wer wir sind? Unsere Herkunft, falsche Freunde, orthodoxe Rabbiner? 
Lola ist in Ost-Berlin geboren, ihr Vater macht rüber und geht in den australischen Dschungel. Sie wächst auf bei ihren jüdischen Großeltern und ist doch keine Jüdin im strengen Sinne. Ihre Großeltern haben den Holocaust überlebt, sie selber soll cool bleiben bei antisemitischen Sprüchen. Dagegen wehrt sie sich. Sie lebt in Berlin, sie reist nach Tel Aviv, wo im Sommer 2014 Krieg herrscht. Sie besucht ihren Großvater und ihren Geliebten, Shlomo, der vom Soldaten zum Linksradikalen wurde und seine wahre Geschichte vor ihr verbirgt. Lola verbringt Tage voller Angst und Glück, Traurigkeit und Euphorie. Dann wird sie weiterziehen müssen. Hartnäckig und eigenwillig, widersprüchlich und voller Enthusiasmus sucht Lola ihre Identität und ihr eigenes Leben.

Mirna Funk wurde 1981 in Ostberlin geboren und studierte Philosophie sowie Geschichte an der Humboldt-Universität. Sie arbeitet als freie Journalistin und Autorin, unter anderem für Der Freitag und das Zeit Magazin, und schreibt über Kultur, Lifestyle und Kunst. Sie lebt in Berlin und Tel Aviv. Im Sommer 2014 berichtete sie für das Magazin Interview aus Israel und von ihrem dortigen Leben im Ausnahmezustand. Für ihren Debütroman Winternähe wurde sie mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis 2015 für das beste deutschsprachige Debüt ausgezeichnet.

Ursula Ackrill, Zeiden, im Januar, erzählt von einer siebenbürgischen  Kleinstadt 1941. Ackrills „Roman ist stark und eigenständig, berührend und verwirrend. Er liefert wenige Antworten, wirft aber große Fragen auf: Wer oder was sind wir eigentlich? Mit den Wurzeln verwachsen? Fremdbestimmt von der Politik?“ (Spiegel online)

Siebenbürgen im Winter 1941. Der Krieg rückt den Menschen in Zeiden auf den Leib und spaltet den Ort. Allein Leontine spürt die Gefahr seit langem – und warnt. Sie versucht, ihre große Liebe zu vergessen und bricht mit dem ältesten Freund; doch ob sie sich retten wird? 
21. Januar 1941. Es ist Winter in Siebenbürgen. Lange schon hat die Kälte, aus dem Westen kommend, das Sachsenland erreicht. Leontine Philippi, graue Strähnen im Haar, schreibt hellsichtig an der Stadtchronik von Zeiden. Das Manuskript aber hält sie unter Verschluss. Ihr Ziehkind Maria, eine junge Rumänin, kauft und verkauft Gegenstände, die ihre Besitzer gegen Fluchtgeld tauschen, und scheint nichts zu begreifen. Mit Franz Herfurth, ihrem Vertrauten aus Kindertagen, spricht Leontine seit Monaten kein Wort. Er ist jetzt Schularzt in Zeiden, untersucht SS- Rekruten, die vom Reich gefordert werden, und hat Gründe, den >Idioten< des Ortes mit Argwohn zu verfolgen. Leontine jedoch lässt sich den Mund nicht verbieten, auch wenn sie bis zum Schluss, noch in höchster Gefahr, über mancherlei schweigt.
Über Jahrhunderte hatten sich die Rumäniendeutschen eine eigene Welt geschaffen, ihre Sprache und Kultur quasi eingemauert in einem Landstrich, der mal zu Österreich- Ungarn, mal zu Rumänien gehörte. Als Hitler sie »heim ins Reich« holte und es eine existentielle Entscheidung zu treffen galt, brach auch in Siebenbürgen die alte Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit wieder auf. Ursula Ackrill erzählt davon, wie Menschen aus Opportunismus und Feigheit schuldig werden. In einer genauen Sprache, die seltsam altmodisch und zugleich nagelneu klingt, begleitet die Autorin uns unerschrocken auf fremdes Terrain.

Ursula Ackrill, geboren 1974 in Kronstadt, Siebenbürgen, studierte Germanistik und Theologie in Bukarest und promovierte 2003 mit einer Arbeit über Christa Wolf an der University of Leicester. 2005 erwarb sie einen Master in Informationsmanagement und lebt heute als Bibliothekarin und Schriftstellerin in Nottingham. ist ihr erster Roman.

Winternähe von Mirna Funk ist bei S. Fischer erschienen. Zeiden, im Januar von Ursula Ackrill ist bei Wagenbach erschienen. 
(JK 09/15)

Keine Kommentare: