Von dem japanischen Autor
Fuminori Nakamura ist bei Diogenes der Roman Der Dieb erschienen.
Er ist ein Taschendieb
mit Prinzipien: nur wohlhabende Opfer, männlich, keine Gewalt. Er betreibt sein
Metier in den belebten Straßen Tokios und den überfüllten Wagen der U-Bahn.
Dort holt ihnen Nishimura das Portemonnaie aus der Tasche. Er stiehlt mit
kunstvollen, fließenden Bewegungen. Der Diebstahl ist der Kick in seinem Leben,
das Gefühl, seinem Schicksal zu entrinnen – für den Moment. Dabei bedeutet ihm
Geld wenig, er lebt zurückgezogen in einem billigen Apartment an der
Peripherie, hat keine Familie, keine Freunde. Nur einen kleinen Jungen, der um
jeden Preis von ihm lernen will, wie man stiehlt, wird er nicht los. Seine
dunkle Vergangenheit versucht Nishimura zu vergessen, doch eines Tages holt sie
ihn ein. In Gestalt eines Kumpels, mit dem er vor Jahren in einen Raubüberfall
verwickelt war. Und auch der Drahtzieher jenes Überfalls, der allmächtige
Yakuza-Boss Kizaki, Herr über Leben und Tod, hat erfahren, dass er wieder in
Tokio ist.
Der Dieb ist kein Krimi, obwohl man dies aufgrund der
Handlung vermuten könnte. Der Roman konzentriert sich in erster Linie auf die
Selbstentfremdung des Protagonisten Nishimura, ein Mann, der als Einsiedler
sein Dasein fristen würde, wäre er nicht durch seinen Beruf als Taschendieb auf
Menschenmassen angewiesen. Er versteht sein Handwerk so gut, dass er fast
unsichtbar zu sein scheint. Um die Atmosphäre seiner Geschichte luftiger zu
gestalten, kleidet Nakamura seinen Roman in eine Thrillerhandlung, in der
allerdings die Gefahr nicht an jeder Strassenecke lauert sondern sich eher in
der Stimmung niederschlägt. Für traditionelle Thrillerfans wird das eher
unbefriedigende Kost sein, für den der über die Genregrenzen lesen möchte,
bietet dieser Roman durch seine schnörkellose Sprache ein
Leseerlebnis von großer Intensität.
Fuminori Nakamura, 1977
in Tokai geboren, lebt in Tokio. Er studierte Öffentliche Verwaltung und
Staatsverwaltung an der Universität Fukushima. 2003 erschien sein Debüt Ju
(Pistole). Inzwischen hat er in Japan über ein Dutzend Romane
veröffentlicht, die nun auch in zahlreichen anderen Ländern verlegt werden,
unter anderem den USA, England, Frankreich, Spanien und China. Mehrere Romane
wurden mit Preisen ausgezeichnet. Der Dieb wurde vom Wall Street Journal
als einer der 10 besten Romane des Jahres 2012 ausgezeichnet. Zuletzt erschien
in Japan sein Roman Kyodan X (Cult X).
Der Dieb von Fuminori Nakamura ist bei Diogenes
erschienen.
(JK 02/16)
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