Maria Dermoût: Die zehntausend Dinge (dtv)

Flandern und die Niederlande – Ehrengast 2016 der Frankfurter Buchmesse

Eine alte Gewürzplantage auf einer indonesischen Insel, die wispernde und raschelnde tropische Pflanzenwelt, das geheimnisvolle Säuseln des Meeres – dieses paradiesische Fleckchen Erde muss Felicia als Kind verlassen. Doch niemals wird sie die Worte ihrer Großmutter, der Plantagenbesitzerin, vergessen, die ihr zum Abschied sagt: „'Auf Wiedersehen, Enkeltochter, ich warte hier auf dich.“ – Jahre später kehrt Felicia, inzwischen Mutter eines kleinen Sohnes, in den ‚Kleinen Garten‘ zurück: Auch Himpies wächst unbeschwert heran, streift über die Plantage und lauscht den Geschichten der einheimischen Dienstboten, bis sich eines Tages eine Tragödie ereignet. 

In ihrem Roman beschwört Maria Dermoût eine exotische Welt, in der die zeitlichen Grenzen aufgehoben sind, die Vergangenheit so mächtig ist wie die Gegenwart, die Toten kommen und gehen und kleine Objekte große Geschichten erzählen. Ein traumverlorener Blick auf ein weit entferntes, exotisches Land, auf eine längst untergegangene Welt – Wehklage und Ode auf das Leben zugleich.

Helena Anthonia Maria Elisabeth Dermoût-Ingerman (1888-1962) wurde auf einer javanischen Zuckerplantage geboren, absolvierte ihre Schulausbildung jedoch in den Niederlanden. Mit ihrem Mann, einem Juristen, kehrte sie nach Niederländisch-Indien zurück und lebte 30 Jahre lang in „jeder Stadt und jeder Wildnis auf Java, Celebes und den Molukken“, wie sie später schrieb. 1951, im Alter von 63 Jahren, veröffentlichte sie ihre Erinnerungen unter dem Titel Erst gestern noch. Ihr vielgerühmter Roman Die zehntausend Dinge erschien 1955. Daneben verfasste sie fünf Bände mit Erzählungen. In der niederländischen Gegenwartsliteratur ist Maria Dermoût eine Ausnahmeerscheinung. Gleich nach Erscheinen des Buches 1955 wurden Die zehntausend Dinge dank dem Zauber, den der Text verströmt, als einzigartig wahrgenommen. In englischer Übersetzung erschien das Buch erstmals 1958 bei Simon & Schuster. Dem Time Magazine galt der Roman als einer der besten des Jahres, neben Boris Pasternaks Doktor Schiwago, Truman Capotes Frühstück bei Tiffany und Vladimir Nabokovs Lolita.

Die zehntausend Dinge von Maria Dermoût ist bei dtv erschienen. 
(JK 10/16)

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