Der
Roman Im Vollbesitz des eigenen Wahns von Hilary Mantel ist die
Fortsetzung des Romans Jeder Tag ist Muttertag, die bereits 1985 bzw.
1986 veröffentlicht wurden und nun bei Dumont neu erschienen sind. Beide Romane
folgen Evelyn Axon, ihrer verrückten Tochter Muriel und ihrer unfähigen
Sozialarbeiterin Isabel Field. Muriel ist am Ende des ersten Romans eingesperrt
und führt im zweiten ihren Rachefeldzug gegen diejenigen, die sie damals wegsperren liessen.
In Muriels Elternhaus
lebt mittlerweile Colin Sydney mit seiner Familie, einer der alten Nachbarn von
ihr und ihrer Mutter Evelyn. Vor allem ihn und die Sozialarbeiterin Isabel
Field macht Muriel für die Geschehnisse von vor zehn Jahren verantwortlich. Der
verheiratete Colin und Isabel waren einst ein Liebespaar. Beide sind aus den
Auseinandersetzungen mit Muriel und Evelyn nicht unbeschadet hervorgegangen.
Isabel gab damals nicht nur Colin, sondern auch ihren Beruf auf, während Colin
in seine trostlose Ehe zurückkehrte. Mittlerweile haben sie angesichts
pflegebedürftiger Eltern, renitenter Teenager, schwangerer Töchter und
fremdgehender Ehemänner längst resigniert. Dagegen ist Muriels Energie
ungebrochen. Auch wenn sie sich selbst als verrückt und dumm bezeichnet, legt
sie eine bemerkenswerte Kreativität an den Tag, um Rache zu üben. Bei den
Sydneys schleicht sie sich als grell geschminkte Putzfrau Lizzie ein; bei
Isabel pflegt sie deren Vater im Altenheim als selbstlose, arme alte Mrs
Wilmot. Ihre Rollen spielt Muriel so gut, dass keiner sie erkennt – vielleicht
auch deshalb, weil jeder die Ereignisse von damals vergessen will. Erschöpft
vom alltäglichen Wahnsinn, ahnen sie nicht, dass sie längst nicht mehr allein
über ihr Leben bestimmen.
Hilary
Mantels Schreiben ist eine ungewöhnliche aber sehr effektive Mischung aus Horror
und Komödie. Überraschende Enthüllungen von Anfang bis Ende dieses Romans
sorgen für prickelnd-wohliges Lesevergnügen. Mantel schreibt scharf und bitter,
die Situationen sind lustig und keineswegs politisch korrekt. Sie lassen einem das
Lachen bisweilen im Hals stecken.
Hilary Mantel wurde 1952
in Glossop, England, geboren. Nach dem Jura-Studium in London war sie als
Sozialarbeiterin tätig. Sie lebte fünf Jahre lang in Botswana und vier Jahre in
Saudi-Arabien. Für den Roman Wölfe wurde sie 2009 mit dem Booker-Preis,
dem wichtigsten britischen Literaturpreis, ausgezeichnet. Mit Falken,
dem zweiten Band der Tudor-Trilogie, gewann Hilary Mantel 2012 den Booker
erneut.
Im Vollbesitz des eigenen Wahns von Hilary Mantel ist bei DuMont
erschienen.
(JK 11/16)
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